II. Die Spektralanalyse
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entstehen. In Wirklichkeit ist der Verlauf gewöhnlich nicht ein so einfacher,
indem Linien und Liniengruppen auftreten, die zu der gesetzmäßigen Vertei
lung nicht zu gehören scheinen. Ein Beispiel hierfür gibt Abb. 67, die ein
Absorptionsband des Sauerstoffs darstellt, das im roten Teile des Sonnen
spektrums liegt und von Fraunhofer mit A bezeichnet worden ist.
Deslandres hat nun in derartigen Bändern eine Reihe von Gesetzmäßig
keiten gefunden, die genähert richtig sind, aber, da sie nicht genau zutreffen,
auch nicht die wahren Naturgesetze darstellen:
1. Die Schwingungszahlen der aufeinanderfolgenden Linien eines Bandes,
von der scharfen Kante an beginnend, bilden eine arithmetische Reihe. Ge
wöhnlich gehen von einer Kante mehrere derartige Serien aus, wobei die
Zahl der Serien für ein und denselben Stoff die gleiche bleibt.
Bezeichnet man die Wellenlänge der Kante mit l, mit a eine für eine
Serie konstante Zahl und mit m ganze Zahlen, die um 1 oder 2 oder 3 wach
sen, so läßt sich jede Serie darstellen durch
-r- + am .
2. Das gleiche Gesetz gilt für die Kanten der Partialbänder. Auch diese
lassen sich in arithmetische Serien auflösen.
nrurmt Hin Hub
LU LU in 11 ü H H 11
Abb. 67. Die A-Gruppe (atmosphärischer Sauerstoff) im Sonnenspektrum.
3. Die Kanten der verschiedenen Bänder zeigen fast konstante Schwin
gungsdifferenzen. Sie folgen einander wie in der Akustik die Obertöne eines
longitudinal schwingenden Stabes.
Sehr komplizierte Untersuchungen über die Verteilung der Linien in Bän
dern hat N. Thiele angestellt; der von ihm angenommene mathematische
Ausdruck mit 8 Konstanten verlangt, daß ein Band nicht ganz allmählich ver
läuft, sondern daß nach Erreichung eines Maximalabstandes die Linien wie
der näher zusammenrücken und schließlich wieder eine Kante bilden; für ge
wöhnlich kann sich diese Fortsetzung wegen Lichtschwäche oder wegen des
Zusammenfallens mit anderen Bändern der Beobachtung entziehen. Im Cyan
spektrum sind derartige umgekehrt laufende Bänder tatsächlich am voraus
berechneten Ort gefunden worden.
Der Zeeman- und STARKeffekt. Anomale Dispersion. Der holländische
Physiker Zeeman hat 1896 die Beobachtung gemacht, daß die von einer Bun-
senflamme erzeugten Natriumlinien eine gewisse Verbreiterung erfahren, so
bald die Bunsenflamme in ein kräftiges magnetisches Feld gebracht wird. Es
gelang ihm, durch besondere Versuchsanordnungen nachzuweisen, daß diese
Verbreiterung nicht mit etwaigen durch das magnetische Feld verursachten