Full text: Astrophysik

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II. Die Spektralanalyse 
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Gegenüber den festen oder flüssigen dispergierenden Mitteln, wie Glas, 
Schwefelkohlenstoff usw., besitzen die Gase im allgemeinen nur ein sehr 
geringes Zerstreuungsvermögen. Dasselbe ist für den bei weitem größten 
Teil der Wellenlängen verschwindend gering, erreicht aber in der Nähe der 
Spektrallinien des betr. 
Gases sehr hohe, beim 
Natrium ganz überra 
schend hohe Werte. 
Eine kleine leuchten 
de Fläche, z. B. eine 
Flamme, werde vermittels 
einer Linse auf den Spalt eines Spektroskops projiziert. Dann ist es klar, 
daß die Höhe des entstehenden Spektrums genau der Strecke entspricht, auf 
welcher der Spalt beleuchtet ist, also genau dem Durchmesser des projizier 
ten Flammenbildes (Abb. 68 ). 
Setzt man nun vor den Spalt ein Prisma, dessen Achse senkrecht zum 
Spalte steht, also auch senkrecht zu den Achsen der Spektroskoppris 
men, so tritt eine ganz andere Erscheinung ein. Durch dieses Vorgesetzte 
Prisma werden die von der Flamme kommenden Strahlen bereits vor dem 
Spektroskop zerlegt, und zwar par- 
Abb. 68. Entstehung des normalen Spektrums einer Kerze. 
Abb. 
69. Schräges 
Spektrum einer Kerze bei 
vorgeschaltetem Prisma. 
allel zum Spalte, so daß z. B. oben 
das rote Flammenbild liegt, unten das 
violette, dazwischen die anderen Flam 
menbilder in kontinuierlicher Aufein 
anderfolge der Spektralfarben. Folg 
lich liegen die einzelnen Teile des 
Spektrums nicht mehr in einem hori 
zontalen, sondern in einem schrägen 
Streifen, wie Abb. 69 schematisch 
zeigt. Hieraus folgt, daß man an der Schrägstellung des Spektrums die 
bereits vor dem Spalte stattgefundene Zerstreuung des Lichtes erkennen und 
ev. auch messen kann. 
Will man nun die Dispersion eines Gases beobachten, so braucht man 
nur das bis jetzt benutzte Glasprisma vor dem Spalte durch ein Prisma 
aus dem betreffenden Gase zu ersetzen. Die Herstellung exakter Gaspris 
men bietet aber überaus große technische Schwierigkeiten. Mit Natrium 
dampf, der überhaupt die größte anomale Dispersion besitzt, läßt sich in 
dessen ein allerdings dauernd seine Dimensionen wechselndes Prisma leicht 
hersteilen. Man braucht nur ein Stückchen Natrium auf einem Löffelchen 
brennen zu lassen; es entsteht dann eine kegelförmige Flamme mit der 
Spitze nach oben, die wie ein Prisma aus glühendem Natriumdampf wirkt. 
Abb. 70 zeigt die Deformationen, die bei der oben angegebenen Versuchs 
anordnung am Orte der beiden D -Linien des Natriums im kontinuierlichen 
Spektrum auftreten. Dabei ist stets das Gesetz erfüllt, daß die Brechungs 
exponenten in der Nachbarschaft der Absorptionslinien außerordentlich zu 
nehmen, wenn sich die Wellenlänge allmählich derjenigen der absorbierten 
Schwingungen nähert. 
In der hier dargestellten Form ist die anomale Dispersion als solche so- 
Scheiner-Graff, Astrophysik. 3. Aufl. 6
	        
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