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II. Die Spektralanalyse 83
lichkeit haben; in andern Fällen bleiben mehr oder weniger große Ähnlich
keiten bestehen, indem gewisse Linien den beiden Spektren gemeinsam
sind, während andere für jede Art der Spektra charakteristisch bleiben, und
in wieder anderen Fällen beschränken sich die Unterschiede hauptsächlich
nur auf die Intensitäten der Linien.
Es gibt verschiedene Arten von Leuchterregungen, die in wesentlichen
Punkten voneinander verschieden sind und je nach der Natur der Elemente
verwendet werden können. Diejenigen Elemente, welche schon bei niede
ren Temperaturen gasförmig sind, oder deren Siedepunkt niedrig liegt, z. B.
Wasserstoff, Stickstoff, Quecksilber, Natrium, können in den GEissi.ERSchen
Röhren zum Leuchten gebracht werden. Die äußere Temperatur der Gase
kann hierbei ziemlich tief liegen, jedenfalls beträchtlich unterhalb der eigent
lichen Glühtemperatur (Glimmentladung). Die Elemente, deren Verdampfung
höhere Temperaturen erfordert, zeigen ein Spektrum, sobald sie in merk
lichen Mengen in eine Bunsenflamme gebracht werden, z. B. Natrium, Kalium,
Strontium (Flammenspektra). Zur Verflüchtigung und Leuchterregung der
Elemente, deren Siedepunkt oberhalb der Flammentemperaturen liegt, z. B.
der Metalle, genügt nur der elektrische Bogen oder ein starker Funke (Bogen-
bzw. Funkenspektra). Bogen- und Funkenentladung sind eigentlich identisch,
nur kann man in letzterem durch die Einschaltung von Leidener Flaschen
die Stromdichte gegenüber dem Bogen ungemein verstärken.
Man hat früher die Unterschiede der Spektra desselben Stoffes je nach
der Leuchterregung allein dem Einflüsse der Temperatur zugeschrieben;
später hat man erkannt, daß bei der elektrischen Leuchterregung sehr kom
plizierte Verhältnisse vorliegen, die offenbar mit dem Atombau des be
treffenden Elements Zusammenhängen, deren Erkenntnis aber noch unvoll
ständig ist.
Eine einheitliche Untersuchung der Spektra von nahezu allen bekannten
Elementen existiert bisher nur für die Funkenspektra, und auch diese um
faßt nicht das ganze Spektralgebiet, sondern beschränkt sich auf den brech
bareren Teil; sie ist von Exner und Haschek sowie von Kayser und Runge
ausgeführt worden. Einige spezielle, astronomisch sehr wichtige Unter
suchungen sind den Arbeiten von King am spektrographischen Laboratorium
de§ Mt. Wilsonobservatoriums in Pasadena u. a. zu verdanken.
Während das Spektrum die qualitative Erkennung eines Elements er
möglicht, ist das quantitativ-chemische Verhalten des betr. Elements durch
sein Atomgewicht bestimmt, d. h. diejenige Verhältniszahl, welche angibt,
wieviele Gewichtsteile der verschiedenen Elemente im gasförmigen Zustande
sich zu chemischen Verbindungen vereinigen können. Der Wasserstoff hat
das kleinste Atomgewicht aller Elemente; man hat es daher mit 1 bezeich
net, so daß die Atomgewichte aller anderen Elemente größere Zahlen sind.
Wenn z. B. das Atomgewicht von Sauerstoff 16, dasjenige von Blei 207 ist,
so besagt dies, daß sich nur 16 Gewichtsteile Sauerstoff mit 207 Gewichts
teilen Blei vereinigen können, oder Vielfache hiervon, z. B. 2 x 16 = 32
Teile Sauerstoff mit 207 Teilen Blei, niemals aber unter beliebigen anderen
Verhältnissen. Wir werden hier der Einfachheit halber die Atomgewichte
immer in ganzen Zahlen angeben; auch in Wirklichkeit liegen sie mit we
nigen Ausnahmen (z. B. Kupfer und Chlor) ziemlich nahe bei ganzen Zahlen.
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