Blatt 1.
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einer T. vollkommen bestimmt ist durch ihre P., ihre Sp.
und ihren N.W., welche alle zu dieser T. gehören.
Es wurde oben erläutert, daß eine Strecke, welche |j zu
einer T. ist, sich auf dieser in ihrer wirklichen Länge pro
jiziert, daß sie dagegen sich auf einer T., zu welcher sie
schief ist, verkürzt projiziert. Dieser Gedanke kann nun
dazu dienen, auch bei der schiefen Lage durch Paralleldrehen
zu einer T. die wirkliche Länge einer Strecke zu bestimmen.
In Fig. 18 ist die Strecke ab durch ihre P.P. a x b x
und a 2 b 2 gegeben. Man sieht aus der Lage der P.P. zur A.,
daß die Strecke schief zu beiden T.T. und schief zur A.
ist, weshalb sie in a x b x und a 2 b 2 kürzer erscheint, als sie
in Wirklichkeit ist. Es ist uns die Aufgabe gestellt, von
a b die wirkliche Länge zu ermitteln.
Wäre die Strecke || zu einer T., so würde sie sich
auf dieser in ihrer wahren Länge projizieren, und es ist
daher der Gedanke naheliegend, diese Lage durch eine
Drehung der Strecke herbeizuführen.
Hält man nun z. B. die Strecke im Punkte b fest und dreht
sie so lange, ohne aber ihren N.W. zur 1. T. zu ändern, bis
sie || zur 2. T. wird, so beschreibt der Punkt a im Raume
einen Kreisbogen, der in einer horizontalen Ebene liegt.
Dieser Kreisbogen zeigt sich von oben gesehen, also in der
1. P., in seiner wahren Gestalt, aber von vornen gesehen
oder in der 2. P. als eine wagrechte gerade Linie.
Im Augenblicke, in welchem die Strecke zur 2. T. 1
wird, ist die 1. P. || zur A. gerichtet, und die Strecke zeigt
sich nun in der 2. P. in der wahren Größe. a x wandert
daher in einem Kreisbogen, dessen Mittelpunkt b 1 ist, fort
und kommt in der Stellung (a x ) zur Ruhe. Zu gleicher
Zeit verschiebt sich a 2 || zur A. nach (a 2 ) und stellt sich
_L zur A. über (a x ).
Die Strecke mit den P.P. (a x )b x und (a 2 )b 2 ist nun j|
zur 2. T., da sie eine 1. P. || zur A. hat, weshalb sie sich
in der 2. P. (a 2 ) b 2 in der wahren Länge zeigt. Es ist aber
die nämliche Strecke wie die ursprüngliche ab, deren wahre
Länge mithin als (a 2 ) b 2 gefunden ist.
Die 1. L.E. abb 1 a 1 der Strecke hat diese drehende Be
wegung um b b l als Drehachse — kurz D.A. — mitgemacht und
ist schließlich || zur 2. T. geworden, weshalb sie sich auf dieser
in (-¿z)(a 2 ) b.j, ^ in der wirklichen Gestalt projiziert. Trennt man
C. Alberti, Darstellende Geometrie.
von diesem Trapez das Differenzdreieck ab, so erscheint in
demselben der N.W. a der Strecke zur 1. T. in wahrer Größe.
Sind von einer Geraden A die beiden Spuren p und q
vorhanden und es gilt, die wirkliche Länge dieser Geraden
zwischen den Sp. Sp., also die Länge p q, zu bestimmen, so
kann man, um dieses Ziel zu erreichen, zwei Wege einschlagen.
Fig. 19. Die 1. L. E., welche hier ein rechtwinkliges
Dreieck pp 1 q l ist, kann um A x als D.A. in die 1. T. um
gelegt werden und erscheint als p x q x p in der wahren Größe.
p p x wird = p 2 p x . Mit der Hypotenuse p q x erscheint
die wahre Länge von p q. Auch enthält das Dreieck den
N.W. « zur 1. T. in wahrer Größe.
Es läßt sich aber auch diese 1. L.E. pp x q x um p 2 p x
als D.A. in die 2. T. umlegen, wobei Punkt q x den Weg
nach (q x ) zurücklegt. Das Dreieck erscheint hier mit p- 2 P x (qO
in wirklicher Größe und damit wieder die wahre Länge von
p q und der N.W. a.
Auch die 2. L.E. p 2 q 2 q kann zum Bestimmen der
wahren Länge von p q verwendet wer
den. Man klappt sie einmal um A 2
als D.A. in die 2. T. um und sie er
scheint als rechtwinkliges Dreieck
p 2 q 2 q" in wahrer Größe. q 2 q wird
= q 2 q x . Die Hypotenuse p 2 q' ergiebt
die wahre Länge von pq , und das
Dreieck enthält den N.W. ß zur 2. T.
Dieses Dreieck läßt sich aber auch
um q x q 2 als D.A. in die 1. T. umlegen,
wobei p 2 nach (p 2 ) wandert. In
q 2 q x (p 2 ) erscheint die wahre Größe
und damit wieder pq in wahrer Länge
und der W. ß.
Man erkennt, daß sowohl die Be
nutzung der 1. als auch der 2. L.E.
die wahre Länge der Strecke ergeben
kann; ein Unterschied besteht jedoch
darin, daß man bei Verwendung der
1. L.E. zugleich auch den N.W. zur 1. T., bei Verwendung der
2. L.E. zugleich den N.W. zur 2. T. erhält.
Fig. 20. Gegeben ist eine Strecke a-b schief zu beiden
T.T. und schief zur A. durch ihre P.P. a x b x und a 2 b 2 . Es
sollen die wahre Länge der Strecke und ihre Neigungswinkel
zu den T.T. bestimmt werden.
Nach den Erklärungen zu Fig. 2 des Erläuterungs
blattes I. ist die 1 L.E. ein Trapez abb x a x , welches bei a x
und b x rechtwinklig ist. Benutzt man a x b x als D.A. und
klappt diese L.E. in die 1. T. um, so erscheinen beide
rechte Winkel bei a x und b x und die wahren Abstände der
Punkte a und b von der 1. T., nämlich a a x = a 2 -a> und
b'b x = b 2 -yf. Durch Verbindung von a und // wird das
Trapez geschlossen, und ab’ ist die in die 1. T. umgelegte
Strecke ab in wahrer Länge. Eine Zerlegung dieses Trapezes
mittelst einer Parallelen durch den der 1. T. näher gelegenen
Punkt b, bezw. umgeklappt ?/, in ein Rechteck a x b x b’x und
ein rechtwinkliges Dreieck b’ax, ergiebt den N.W. a zur
1. T. in wirklicher Größe.
Ebenso kann auch die 2. L.E. abb 2 a 2 um a 2 b 2 als
D.A. in die 2. T. umgeklappt gedacht werden. Sie wird
sich als a"b”b 2 a 2 in wirklicher Gestalt zeigen, und es kann
dieses Trapez konstruiert werden, wenn man bei a 2 und b 2
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