Erster Abschnitt.
Ältere Theorien.
43.
Die Notwendigkeit einer Erklärung und Darstellung der
Planetenbewegungen wurde bereits von Plato betont. Sein
Schüler Eudoxus von Cnidus (geb. 408, gest. um 355
v. Clir. *) löste diese Aufgabe, soweit sie sich auf die zweite
Ungleichheit bezog, durch die homozentrischen Sphären.
Jeder Himmelskörper ist in dem Äquator einer Sphäre, welche
um ihre Pole rotiert, befestigt; die Pole dieser Sphäre
werden von einer zweiten, ebenfalls um ihre Pole rotierenden
Sphäre getragen, u. s. w. Durch passende Wahl der Stellung
der Pole und der Potationsgeschwindigkeiten konnten die
Bewegungen im großen und ganzen dargestellt werden, wenn
für Sonne und Mond je drei Sphären, für jeden Planeten
vier Sphären angenommen wurden. Durch diese Theorie
wurden die Längen von Jupiter und Saturn und teilweise
von Merkur ziemlich gut dargestellt; weniger war dies bei
Venus, am schlechtesten bei Mars der Fall; für die Breiten
genügte jedoch diese Theorie. Eine Reform derselben wurde
von Calippus durch Vermehrung der Sphären der einzelnen
Planeten bewerkstelligt. 13 )
Die erste auch für die Berechnung der Planeten
örter anwendbare Theorie wurde von den Alexandriner
*) Eudoxus, durch den Spartaner Argesilaus an den ägyptischen
König Nectanabis empfohlen, wurde von Chonuphis (Priester von
Heliopolis) in die Geheimnisse der ägyptischen Wissenschaften einge
weiht, wobei er auch Daten über die Zeitdauer der Bewegungs
momente (Dauer der Rückläufe u. s. w.) erhielt. Nach den Zeugnissen
der Alten stand Eudoxus in dem Rufe eines bedeutenden Geometers,
dessen Arbeiten zum großen Teile bei der Zusammenstellung der Ele
mente durch Euklid aufgenommen wurden.