Full text: Differential-Rechnung (Erster Theil)

Vorbegriffe rc. 
5 
Diese Bemerkung ist deshalb wichtig, weil es Functionen 
giebt, deren Differential-Coefficient sich leichter finden läßt, als 
ihr Differential. Denn um unmittelbar zu diesem letztern zu 
gelangen, muß man in der gegebenen Function x -\- d x statt x 
schreiben, das Resultat nach Potenzen von dx entwickeln, in 
dem man nicht über das Glied hinausgeht, worin die Erste Po 
tenz vorkommt, und alsdann den ersten Ausdruck abziehen. 
Man sieht, daß diese Methode voraussetzt, daß man die gege 
bene Function zu entwickeln wisse, wozu fremde Mittel nöthig 
seyn können, deren uns die Betrachtung der Grenzen am öfter 
sten überhebt. 
Zufolge des Vorhergehenden kann man sagen, daß die Dif 
ferential - Rechn ung die Bestimmung der Grenze 
sey, des Verhältnisses der gleichzeitlgen Zuwachse 
einer Function und ihrer Veränderlichen. 
§. 6. 
Man muß sich recht hüten, das Differential von u mit 
der Differenz u' — u zu verwechseln. Denn in dem Beispiele 
u = ax3 des §.4. ist das erste 3ax 2 h, und die letztere 
3ax 2 1i-j-3ax1i2-fl-a1i^; 
allein man sieht, daß, wenn h sehr klein ist, das Differential 
3ax 2 h den bedeutendsten Theil' der Differenz ^ —-u. ausmacht, 
und daß das Differential sich immer desto mehr der Differenz 
nähert, je kleiner h angenommen wird. Im allgemeinen be 
geht man einen desto geringeren Fehler, wenn man 
das Differential für die Differenz gelten läßt, je 
kleiner der Zuwachs der Veränderlichen angenom 
men wird. 
Dieselbe Folgerung fließt auch aus der Betrachtung der Gren 
zen; denn, wenn das Verhältniß der gleichzeitigen Zuwachse 
u' — u und h. eine Function p zur Grenze hat, und man bei 
einem beliebigen Werthe von h hat: —-jp-— P, welches ei 
nerlei ist mit: p-s-(? — p); so muß die Größe P —p 
zugleich mit h abnehmen und verschwinden, wenn h — o: die 
Gleichung - u --~=p wird demnach desto genauer seyn, je klei 
ner der Zuwachs h seyn wird; allein die letzte Gleichung bringt 
mit sich: u' — u = p h. *) 
*) Auf diesen Satz gründete Lcibnitz die Differential-Rechnung, indem 
er die Differentiale als unendlich kleine Differenzen ansah.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.