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Doppelmayr — Doppelsterne.
verfertigten achromatischen Fernrohre genannt. Früher brauchte man
diesen Ausdruck im allgemeinen für achromatische Fernrohre.
Doppelmayr, Johann Gabriel, geb. 1671 zu Nürnberg, gest. am
1. December 1750 ebenda, machte sich durch verschiedene astrono
mische und physikalische Schriften, besonders aber durch seinen 1742
erschienenen Atlas coelestis bekannt.
Doppelsterne nennt man diejenigen Sternpaare, welche scheinbar
so nahe beisammen stehen, dass sie nur mittels Fernrohren als ge
trennte Sterne unterschieden werden können. Die Kenntnis der Dop-
pel- (und mehrfachen) Sterne beginnt daher erst nach Erfindung der
Ferngläser und in der That erwähnt schon Galilei derselben als taug
lich, um durch sie zur Kenntniss der Fixsternparallaxen zu gelangen.
Einen ähnlichen Vorschlag machte 1675 Gregory. Beide gingen
dabei von der Ansicht aus, dass die Doppelsterne nur scheinbar, ge-
wissermassen zufällig für unsern Anblick so nahe zusammenständen,
während sie in Wirklichkeit weit hintereinander befindlich seien. An
dere Ansichten vertraten 90 Jahre später Lambert und Michell,
indem sie die Vermuthung aussprachen, dass die vielen äusserst nahe
bei einander stehenden Fixsterne vielleicht eigene Systeme bilden möchten
und 1778 sprach Christian Mayer, Astronom der Mannheimer Stern
warte, bereits von Fixsternsatelliten. Da er aber diese Benennung,
sogar auf Sterne von 2° bis 3°, also 4—6 Monddurchmesser, Abstand
von einander, ausdehnte, so erregten seine Behauptungen allenthalben
Zweifel und vielfach Spott. Uebrigens waren bis dahin nur sehr wenige
Doppelsterne wirklich beobachtet worden; mit Ausnahme von Mayer hatte
man diesem Gestirne nur gelegentlich einige Aufmerksamkeit zugewandt.
So blieb es William Herschel Vorbehalten die reiche Welt der Dop
pel- (und mehrfachen) Sterne zuerst den erstaunten Blicken der Men
schen zu eröffnen und im Verfolge seiner astronomischen Thätigkeit
nachzuweisen, dass bei vielen Doppelsternen in der That Bewegungen
um einander Vorkommen, die beweisen, dass jene Sterne physisch zu
Systemen verbunden sind. Das erste Verzeichniss Herschel’s,
846 Doppelsterne umfassend, deren gegenseitiger Abstand geringer als
30" ist, erschien 1782. Diesem folgten von Zeit zu Zeit neue ergän
zende Verzeichnisse. Das letzte derselben, die Oerter von 145 neuen
Doppelsternen enthaltend, erschien fast unmittelbar zur Zeit des Todes
des grossen Astronomen. Bis dahin fand sich Niemand, der auf dem von
Herschel gebahnten neuen Wege ebenfalls arbeitete, indem den mei
sten damaligen Astronomen keine Fernrohre zu Gebote standen, welche
bei Untersuchungen der in Rede stehenden Art einige Hoffnung auf
bedeutenden Erfolg erweckten. Erst später, nachdem Fraunhofer
eine neue Aera in der Optik begründet hatte, nachdem er 1824 den
Dorpater Refractor abgeliefert und achromatische Fernrohre von 6 bis
9 Zoll Objectivdurchmesser auf den Sternwarten keine allzugrosse Sel
tenheit mehr waren, begann für die Beobachtung von Doppelsternen
eine neue Zeit. Der Dorpater Refractor zeigte sich in Struve’s
Hand selbst dem berühmten zwanzigfüssigen Telescope Herschel’s
überlegen, er löste alle Herschel’sehen Doppelsterne in ihre beiden