Full text: Populäre astronomische Encyclopädie

Erde. 
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Die gegenseitige Lage der Continente, ihre Ausdehnung, Gestalt, 
horizontale wie verticale Gliederung, sowie ihre Stellung gegen Pole und 
Aequator sind von der grössten Wichtigkeit für das ganze sich auf ihnen 
entwickelnde Culturleben. Man denke sich Europa um 30 Breitengrade 
nach Süden oder Norden versetzt, ja selbst ganz fehlend, sodass die 
Meridiankette des metallreichen Uralgebirges die Ostküste des atlanti 
schen Meeres bildete, so würde die culturhistorische Bildung des Men 
schengeschlechts einen durchaus andern Verlauf genommen haben, der 
allgemeinen Bildung und Gesittung weit weniger günstig. Man lasse 
eine Sandwüste den Raum des Mittelländischen Meeres ausfüllen und 
nie würden griechische Wissenschaft und Kunst, nie römische Kraft die 
Welt beherrscht haben. 
Aus diesen Bemerkungen schon erhellt zur Genüge die hohe Wich 
tigkeit der physikalischen Topographie unserer Planetenoberfläche 
sowohl hinsichtlich der horizontalen als verticalen Gliederung. 
Als allgemeines Kriterium der günstigen oder ungünstigen horizon 
talen Configuration betrachtet man die Küstenentwicklung. Mit 
Recht ist dasjenige Land als vorzugsweise zur Blüthe bestimmt anzusehen, 
dessen einzelne Theile in möglichst inniger Berührung mit den Wogen 
des freien Meeres stehen. Die neuere geographische Wissenschaft, wie 
die ganze Culturgeschichte, zählen die Belege auf für die unbestreitbare 
Richtigkeit dieser Annahme. 
Nach den älteren Anschauungen specificirt man die Bezeichnung 
Küstenentwicklung als das Verliältniss der Küstenlänge zum Flä 
cheninhalte, jedoch mit Unrecht, wie zuerst Dr. Keber nachgewiesen 
hat. Statt nach dem alten Verfahren unstatthafter Weise Flächen mit 
Linien vergleichen zu wollen, schlug Dr. F. Bot he vor, den Quotienten 
aus der Quadratwurzel durch die Grenzlänge des Flächeninhalts als 
Küstenentwicklung anzusehen, ein Vorschlag, der durchaus begründet ist. 
Nach den beiden Methoden erhält man für die Küstenentwicklung 
folgende Werthe: 
a) nach der älteren Methode: 
Europa 37 (d. h. auf 37 Q.-M. 1 M. Küstenentw.), 
Asien 105, 
Afrika 163, 
Nord-Amerika . 50, 
Süd-Amerika . 94, 
Australien ... 78, 
b) nach Bothe’s Methode: 
Europa 10,750, 
Asien 8,555, 
Afrika 4,816, 
Nord-Amerika . 10,423, 
Süd-Amerika . 6,001, 
Australien . . . 5,114. 
Man sieht sofort, dass die unter b angegebenen Zahlen das Ver- 
hältniss der horizontalen Gliederung der Erdtheile ungleich besser dar 
stellen, wie jene unter a bezeichneten.
	        
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