Full text: Populäre astronomische Encyclopädie

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Erde. 
Neben der horizontalen erscheint die verticale Gliederung der 
Continente als wichtiges bedingendes Moment in der Entwicklung des 
Culturlebens. Sie bewirkt das wundervolle Zusammendrängen der ver 
schiedenartigsten klimatischen und vegetativen Verhältnisse auf dem 
kleinsten Flächenraume, eine Erscheinung, deren Wichtigkeit vor Hum 
boldt schon dem Scharfblicke des grossen Haller nicht entgangen 
war. Wenn man im mittleren Europa nordwärts schreitet, so nimmt 
im allgemeinen die mittlere Jahrestemperatur nach meinen Untersu 
chungen für jeden Breitengrad um 0,68° C. ab. Gleicherweise ergiebt 
sich, dass dieselbe Temperatur sich um I o C. vermindert für jede 
117,6 Meter Erhebung über den Boden. Es entspricht demnach eine 
Erhebung von 74,1 Meter bezüglich der mittleren Jahreswärme einer 
nördlicheren Versetzung um 1 Breitengrad. Hieraus ergiebt sich die 
Möglichkeit, in sehr bedeutenden Höhen selbst der heissen Gegenden 
die Temperatur der Polarregionen wiederzufinden, eine Möglichkeit, 
welche sich in der That realisirt findet. Diejenige Höhenlinie, über 
welche hinaus der Schnee das ganze Jahr hindurch liegen bleibt, ohne 
ganz abzuschmelzen, die sogenannte Schneelinie senkt sich im allge 
meinen von den aequatorealen Regionen beiderseits gegen die Pole 
herab. Humboldt bezeichnet als Schneegrenze diejenige Linie, auf 
welcher die mittlere Temperatur des ganzen Jahres gleich Null ist; 
neuerdings hat indess Renau gezeigt, dass es richtiger ist, in dieser 
Beziehung statt des ganzen Jahres die sechs wärmeren Monate zu 
wählen. 
Die Erhöhungen der Erdoberfläche werden als Hügel, Berge, Ge 
birgsketten und Hochebenen (Plateaux) unterschieden und die geogra 
phische Meteorologie entwickelt näher, in welcher Weise das Vorhanden 
sein hoher und mächtiger Gebirge das Klima der umliegenden Regionen 
modificirt, wie es eine charakteristische Eigenthümlichkeit weit ausge 
dehnter Hochflächen ist, die Temperatur-Extreme zu vergrössern. Ueber- 
haupt zeichnet sich das feste Land durch die Gegensätze von heissen 
Sommern und kalten Wintern, d. h. durch das, was man continen 
tales Klima nennt, aus, gegenüber dem Meere, welches die Extreme 
zu nähern, die Abweichungen der einzelnen Jahreszeiten vom Tempe 
raturmittel zu verringern strebt (Seeklima). 
Den Gegensatz zu den Erhebungen, den Gebirgen und Hochflächen, 
bilden die Tiefländer oder Tiefebenen, wenngleich man sich zu hüten 
hat, den Begriff der Ebene im allgemeinen mit demjenigen der Tief 
ebene zu verwechseln. Im Ganzen liegen Tiefebenen niemals unter dem 
Spiegel des Meeres, auf dessen Oberfläche alle Höhenbestimmungen be 
zogen werden. Nur wenige, ziemlich engbegrenzte Strecken im Innern 
der Continente liegen tiefer als der Meeresspiegel. Man darf sie als 
den Grund ehemaliger Landseen betrachten. 
Das Wasser bildet als zusammenhängende oceanische Masse den 
grössten Theil der Erdoberfläche. Im Innern der Continente finden 
sich meist nur kleinere stehende Ansammlungen desselben, die Land 
seen. Hier tritt es hingegen meist fliessend in Form von Quelle, Bach
	        
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