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Absorption des Lichtes.
Absorption des Lichtes heisst die Verschluckung oder Aufnahme
desselben durch feste, flüssige oder gasförmige, durchsichtige oder un
durchsichtige Körper. Die Astronomie und die ihr nahe verwandten
Theile der Wissenschaft interessirt zunächst nur die Absorption des
Lichtes bei der Zurück wer fung von den Spiegeln der Reflectoren
und beim Durchgänge durch die Glaslinsen der Refractoren, ferner
beim Durchgänge durch die Erdatmosphäre und auf dem Wege durch
den Weltraum. In der erstgenannten Beziehung wird hier auf den
Artikel Fernrohr verwiesen.
Was die Absorption des Lichtes in der Atmosphäre an
belangt, so lässt sich dieselbe durch einen einfachen Versuch nach-
weisen, den Saussure angegeben hat. Zwei weisse Scheiben, von
denen die eine 6 Fuss, die andere 6 Zoll im Durchmesser hat, werden
neben einander gestellt und zwar so, dass sie gleich stark beleuchtet
erscheinen. In der Mitte der grossen Scheibe befindet sich ein schwarzer
Kreis von 24 Zoll Durchmesser, in der Mitte der kleinen ein solcher
von 2 Zoll Durchmesser. Entfernt man sich nun mehr und mehr von
diesen Scheiben, so verschwindet zuerst der kleine Kreis und später
der grosse. Fände nun keine Lichtabsorption, welche den Contrast
zwischen dem schwarzen Kreise und dem weissen Grunde verringert,
statt, so müssen offenbar die Entfernungen, in welchen beide Kreise
unsichtbar werden, in dem nämlichen Verhältnisse zu einander stehen,
wie ihre Durchmesser, d. h. der grosse Kreis müsste erst in zwölfmal
grösserer Entfernung verschwinden wie der kleine. Es findet dies aber
nicht statt, sondern der grosse Kreis entschwindet früher. Aus Ver
suchen mit der beschriebenen Vorrichtung, welche Diaphanometer
genannt wird, hat sich ergeben, dass ein Lichtstrahl bei seinem senk
rechten Durchgänge durch die Atmosphäre vom Scheitelpunkte bis
zum Boden 0,31 seiner Helligkeit verliert. Man kann übrigens dem
beschriebenen Experimente den Einwurf machen, dass bei demselben
das frühere Verschwinden des grossen Kreises nicht sowohl in Folge
der Absorption, als vielmehr deshalb erfolge, weil sich bei wachsen
der Entfernung eine immer dickere, erhellte Luftschicht zwischen der
Scheibe und dem Beobachter befinde, dadurch aber der schwarze Kreis
heller erscheine und sich immer weniger von seiner weissen Umgebung
unterscheide.
Einen andern Versuch über die Absorption des Lichtes in der
Atmosphäre hat Bouguer angestellt. Er verglich die Helligkeit des
Mondlichtes mit derjenigen einer Kerze, als der Mond 66° 11' und
als er 19° 16' über dem Horizonte stand. In dem letztem Falle fand
sich die Helligkeit des Mondlichtes ungefähr um ’/ 3 geringer als zuvor.
Dieser Versuch beweist, dass die Absorption in der Nähe des Horizonts
geringer als in grösserer Höhe über demselben ist. Man begreift dies
auch leicht, wenn man bedenkt, dass in der Nähe des Horizonts der
Lichtstrahl einen weit längern Weg und zum Tlieil durch dichtere
Luftmassen zurückzulegen hat. Eine Folge der starken Lichtabsorption
in den tief am Horizont liegenden Luftschichten ist die Thatsache,
dass man die auf- oder untergehende Sonne mit blossen Augen be