Full text: Populäre astronomische Encyclopädie

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Fernrohr. 
erfahren wir durch das Zeugniss des Grafen Borelli, dass Jansen 
im Besitze von Fernrohren sei, die er auf irdische Gegenstände prüfte; 
aber um diese Zeit war die ganze Erfindung schon weltbekannt und 
wahrscheinlich hat Jansen nur nach den ihm bekannt gewordenen 
Vorschriften die Verfertigung eines Fernrohres versucht. Schon im 
Herbste 1608, also kaum einige Wochen nach der ersten Eingabe von 
Lippershey, bot ein Belgier dem markgräflich Anspach’schen Gehei 
men Rathe Fuchs von Bimbach zu Frankfurt am Main ein Fern 
rohr zum Kaufe an. Im April des folgenden Jahres verkaufte man 
schon in Paris Fernrohre, denn im Journale des Pierre L’Estoile 
heisst es: „Als ich am 30. April 1609, in Paris über den Pont Mar- 
chand ging, blieb ich bei einem Brillenhändler stehen, der mehreren 
Personen Augengläser von neuer Erfindung und neuem Gebrauche vor 
zeigte. Diese Instrumente bestanden aus etwa 1 Fuss langen Röhren, 
die an den beiden Enden Gläser trugen, die jedoch von einander ver 
schieden geformt waren; mit ihrer Hülfe konnte man ferne und nur 
dunkel sichtbare Gegenstände sehr deutlich wahrnehmen.'’ 
Im folgenden Monate erschien die erste Arbeit Galilei’s über 
das Fernrohr. Der berühmte italienische Physiker war damals Pro 
fessor in Padua und hatte im Frühjahre eine unbestimmte Nachricht 
über die in Holland gemachte Erfindung erhalten. Da er nichts Ge 
naueres wusste, so bemühte er sich durch Versuche die Construction 
des Fernrohres zu errathen und sagt darüber selbst: 
„Ich dachte mir, dass das Instrument, dessen Bau ich wieder 
auffinden wollte, entweder aus einem oder aus mehreren Gläsern zu 
sammengesetzt sein müsse. Aus einem Glase konnte es indess nicht 
sein, denn die Gestalt desselben hätte entweder so beschaffen sein 
müssen, dass das Glas in der Mitte dicker oder dünner als an den 
Rändern gewesen sei, oder aber es hätte von zwei ebenen Flächen 
begrenzt sein müssen. Gläser dieser letzteren Form ändern indess die 
Gegenstände in keiner Weise; ein concaves oder in der Mitte hohles 
Glas verkleinert aber alle Objekte, ein convexes, d. h. in der Mitte 
gewölbtes Glas vergrössert sie, lässt dieselben aber undeutlich und ver 
schwommen erscheinen. Demnach kann keines dieser beiden Gläser 
für sich allein die beobachtete Wirkung erzeugen. Schliesslich fand 
ich, dass man durch geschickte Combination eines convexen und eines 
concaven Glases das gewünschte Ziel erreicht.” 
Das erste Fernrohr Galilei’s vergrösserte nur vier mal, auch 
später konnte er niemals über eine 32malige Vergrösserung hiuaus- 
gehen. Der berühmte Physiker zögerte nicht, seine „Erfindung”, wie 
er schrieb, der Republik Venedig anzubieten. Der Senat dieser Stadt, 
welcher der Ueberzeugung war, dass der Gebrauch des Fernrohrs seinen 
Kriegsschiffen von bedeutendem Nutzen sein würde, beschloss sofort, 
Galilei seinen Lehrstuhl zu Padua auf Lebenszeit mit einem Gehalt 
von 1000 Gulden zu verleihen. 
Bis jetzt war übrigens" die Wirkungsweise der Glasli n sen noch 
gänzlich unbekannt. Die hauptsächlichsten ersten Entwicklungen ver 
danken wir Kepler und besonders Huygens, der auch zugleich die
	        
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