Full text: Populäre astronomische Encyclopädie

Gradmessungen. 
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gegenwärtigen Jahrhunderts von französischen Officieren ausgefiihrten 
Messungen, welche sich von Bordeaux bis nach Fiume erstrecken, über 
einen Bogen von 15° 32' 27" unter der mittlern geographischen Breite 
von 44° 16' 48". Es ergab sich hierbei als Länge eines Parallelgrades 
unter der genannten Breite 39070 Toisen. Im Jahre 1857 fasste end 
lich Struve den Plan einer Längengradmessung quer durch ganz 
Europa vom Uralgebirge bis zur Westküste von Irland. Dieser Plan 
ist gegenwärtig in der Ausführung begriffen, doch dürfte bis zu seiner 
ganzen Yollendung noch eine sehr geraume Zeit verstreichen. 
Gehen wir nunmehr zu den Breitengradmessungen und den 
Bestimmungen der Grösse und Gestalt der Erde aus ihnen über, so 
erscheint es am zweckmässigsten, diese Arbeiten in ihrer historischen 
Entwicklung von den ältesten Zeiten bis zur Gegenwart herab zu 
verfolgen. 
Die Versuche, zur Erkenntniss der Grösse und Gestalt der Erde 
zu gelangen, sind fast ebenso alt, als die Wissenschaft selbst. Beide 
Fragen nach der Grösse und nach der Gestalt der Erde, verschmolzen 
indessen im Alterthume in eine einzige und mussten damals zu 
einer einzigen werden überall da, wo die Grösse des Erdballs durch 
wirkliche, auf wissenschaftliche Principien gegründete Messung gefun 
den werden sollte. Denn diese konnte nur zu einem Resultate führen 
unter der Voraussetzung einer genau kugelförmigen Erde, die Hülfs- 
mittel der Alten waren durchaus nicht dazu geeignet hier weiter zu 
gehen, man musste sich begnügen mit einem Resultate über die Grössen 
verhältnisse unserer Planeten und zufrieden sein, wenn dieses Ziel er 
reicht wurde. Man sieht leicht, dass hierbei eine wesentliche Beschrän 
kung bei Lösung des in Rede stehenden Problems stattfindet und diese 
verschwand erst seit der Zeit, als die Gravitationslehre der ganzen 
Astronomie einen früher nie geahnten Aufschwung verlieh. Damals 
bewies Newton, dass die Erde keine Kugel, sondern ein an den bei 
den Polen abgeplatteter Rotationskörper, ein Sphäroid sein müsse und 
von dieser Zeit her datirt sich der grosse Aufschwung, welchen die 
Arbeiten zur Bestimmung der Grösse und Abplattung des Erdballs 
bis zu unsern Tagen genommen haben. 
Man verschafft sich am leichtesten eine Vorstellung von der Art 
und Weise, wie diese Arbeiten bei dem heutigen Stande der Wissenschaft 
ausgeführt werden, wenn man dieselben von ihrem Ursprünge her, zu 
den Zeiten der alexandrinischen Astronomen, durch die Jahrhunderte 
hindurch, bis herab zur Gegenwart verfolgt, man wird sehen, wie von 
den ersten Versuchen her, bei denen im Grunde die strengere Wissen 
schaft nur geringe Betheiligung fand, das in Rede stehende Problem 
allmählich immer mehr Zweige der Mathematik und Astronomie zu 
seiner Lösung herbeizog und selbst mächtig auf deren Fortentwicklung 
und Vervollkommnung zurückwirkte. 
Der erste Versuch zur Messung des Erdumfangs geschah unge 
fähr 200 Jahre v. Chr. durch Eratosthen es. Er hatte beobachtet, 
dass zu Syene die Sonne am Tage des Sommersolstitium’s, der Zeit, 
wo die Sonne den höchsten Punkt erreicht, genau im Zenith stand, 
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