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Gradmessuiigen.
während sie zu Alexandrien um dieselbe Zeit ungefähr 7 '/ 5 Grad vom
Scheitelpunkt entfernt blieb. Die Entfernung beider Städte nahm
Eratosthenes zu 5000 Stadien an und schloss nun ganz richtig
weiter, dass, wenn der Bogen zwischen beiden Städten 7'/5° oder '/ 50
des Kreisumfanges sei, auch jene 5000 Stadien der fünfzigste Theil
des Kreisumfanges der Erde sein müssten, woraus dieser = 250,000 Sta
dien folgte.
100 Jahre später unternahm Posidonius eine ähnliche Bestim
mung; jedoch wählte er, um den Kreisbogen zwischen Rhodus und
Alexandrien zu bestimmen, nicht die Sonne, sondern Fixsterne und
fand auf diese Weise jenen Bogen = '/ 48 des Kreises. Die Entfer
nung beider Punkte von einander nahm man zu ungefähr 3800 Stadien
an, woraus sich dann der ganze Erdumfang = 182400 Stadien ergab,
ein Resultat, welches mit dem früheren Eratosthenes’schen ver
glichen, am besten die Mangelhaftigkeit der ganzen Arbeit zeigt.
Diese beiden Yersuche sind Alles, was das Alterthum in dieser
Beziehung geleistet. Erst im 9. Jahrhundert n. Chr. finden wir einen
neuen Versuch, diesmal von den Arabern unternommen, zwischen
Tadmor und Racca. Der Kalif Al Mamum liess durch Chalid ben
Abdolmalik und Ali ben Isa in der Richtung von Norden nach
Süden einen Bogen von 2 Graden mit Stäben messen. Man fand die
Länge eines Grades = 225300 Ellen, jedoch ist dieses Resultat zu
einer Vergleichung mit den jetzigen Grössenangaben der Erde nicht
brauchbar, da die Länge der arabischen Elle (27 Zoll ä 6 Gersten
körner) nicht genau bekannt ist. Von jener Zeit an verfloss mehr als
ein halbes Jahrtausend, ehe ein erneuerter Versuch zur Bestimmung
der Erddimensionen unternommen ward. Der Franzose Fernei maass
im Jahre 1525 die Länge des Bogens zwischen Paris und Amiens
durch die Anzahl der Umdrehungen seiner Wagenräder. Die geringe
Genauigkeit der auf diesem Wege zu erlangenden Resultate leuchtet
ein; 110 Jahre später zeigte sich aber schon ein Fortschritt bei der
Messung, die Norwood zwischen London und York ausführte. Dieser
maass die Entfernung beider Städte mit der Messkette und bestimmte
ebenso die geographischen Breiten der Endpunkte jener Linie sehr
sorgfältig. Es wäre aber schwer gewesen, auf diesem Wege eine hier
so wünschenswerthe grössere Genauigkeit zu erlangen, wenn nicht das
ganze Princip, welches bei den bis jetzt angeführten Bestimmungen der
Entfernungen angewendet worden, verlassen und ein anderes unver
gleichlich genaueres an seine Stelle getreten wäre. Dies ist die Me
thode der Triangulation, welche zuerst der Niederländer Sn eil ius
einführte und deren grosse Vorzüge Picard durch seine 1664 zwischen
Paris und Amiens ausgeführte Gradmessung auch practisch zeigte.
Er fand die Länge eines Grades = 57060 Toisen, ein Resultat, wel
ches, obgleich der Wahrheit nahe kommend, doch aber hauptsächlich
dadurch, dass es den Newton’schen Arbeiten über die Gravitation als
Grundlage diente, für alle kommenden Zeiten merkwürdig bleibt. Wir
wollen nun das Princip dieser Messungen, die sogenannte Triangula
tionsmethode, etwas näher betrachten und nehmen an, es sei die gerade