Full text: Populäre astronomische Encyclopädie

Gradmessungeii. 
241 
möglicher Sorgfalt für die Dauer fixirt sind, wird zur Messung der 
Winkel zwischen den verschiedenen Dreieckpunkten geschritten. Diese 
Winkel werden mit der grössten Sorgfalt bestimmt, da es neben der 
Genauigkeit der Basismessung hauptsächlich auf ihre möglichst scharfe 
Bestimmung ankommt. 
Ist das Dreiecknetz nun durch Winkelmessungen bestimmt, so 
kann, wie bereits oben bemerkt wurde, die Distanz seiner äusser- 
sten Endpunkte durch Rechnung gefunden werden. Soll aber hier 
aus weiter der Umfang der Erde abgeleitet werden, so muss auch 
noch der Bogen am Himmel zwischen den Zenithalpunkten dieser bei 
den äussersten Stationen bestimmt werden, denn höchstens nur dann 
reichen diese Data im Verein mit den Azimuthen der Endpunkte zur 
Berechnung der Dimensionen des Erdsphäroids aus. Aus diesem Grunde 
richtet man die Triangulationen so ein, dass die Endpunkte wo mög 
lich auf irgend eine Sternwarte treffen, da deren geographische Position 
durchgängig mit aller erwünschten Genauigkeit bekannt ist. Pallen, 
wie dies z. B. bei der grossen französischen Gradmessung der Fall ist, 
die Endpunkte der Vermessung nicht mit Sternwarten zusammen, so 
müssen die geographischen Breiten oder Polhöhen dieser Punkte mit 
der grössten Sorgfalt bestimmt werden. Man bedient sich zu diesen 
Bestimmungen meist entweder des gewöhnlichen Meridiankreises, oder 
nach Bessel’s Vorgänge des Passagen-Instruments im ersten Vertikal 
oder auch zur Bestimmung der Differenzen der Polhöhen zweier Punkte, 
des Zenithsectors. 
Die eigentlichen Beobachtungen sind mit den im Vorhergehenden 
betrachteten Arbeiten in der Hauptsache beendet und alles Uebrige 
ist Sache der Rechnung und kann hier nicht weiter erläutert werden. 
Die mathematischen Relationen, die hier in Anwendung kommen, sind 
von den grössten Mathematikern der Neuzeit, einem Clairaut, d’Alem- 
bert, Laplace, Delambre, Ivory, Dalby, Jacobi und vor Allen 
von Gauss und Bessel untersucht und festgestellt worden und ist 
die Theorie der Praxis weit vorausgeeilt. Um einen klaren Begriff von 
diesem Verhältniss der Schärfe der Theorie zu der Genauigkeit der 
Praxis zu erhalten, ist es nöthig zu erwägen, dass die theoretischen 
Resultate und Formeln fast immer nur unter gewissen einschränkenden 
Bedingungen zu erhalten sind, die Genauigkeit einer solchen Formel 
demnach ihre gewissen Grenzen hat und es ist nun Bedingung, dass 
diese Grenzen so weit erweitert werden, dass ein hieraus entspringen 
der Fehler kleiner bleibt, als die wahrscheinlichen Fehler, mit welchen 
die einzelnen, nur durch Beobachtungen und Messungen zu erhalten 
den Daten trotz aller Sorgfalt doch immer behaftet sein werden. Ein 
Beispiel wird dies unmittelbar klar machen. Nehmen wir an, es han 
delte sich darum, die in irgend einer Maasseinheit auszudrückenden 
kürzesten Distanzen zweier bestimmten Parallelkreise auf der Erdober 
fläche zu ermitteln, so ist dies sehr leicht, wenn die Erde als voll 
kommene Kugel betrachtet wird. Diese Annahme wird auch so lange 
genügen, als die Messungen der Linie, welche irgend zwei auf jenen 
Parallelkreisen liegende Punkte verbindet, selbst nur annähernd genau 
10 
Klein, Astronomie.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.