Anziehung.
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die halbe grosse und b die halbe kleine Axe der Bahn vorstellen. Die
Aufgabe, aus der mittleren Anomalie eines Planeten seine wahre Ano
malie zu bestimmen, führt den Namen: das Kepler’sc he Problem,
weil sie von diesem Astronomen zuerst aufgestellt und auf indirectem
Wege auch aufgelöst wurde. Am Schlüsse dieses Buches wird die
mathematische Auflösung dieser wie vieler anderer Aufgaben aus dem
Gebiete der Astronomie mitgetheilt; hier genügte es, nach dem Plane
des gegenwärtigen Buches, bloss die Bedingungen des Problems zu erörtern.
Noch ist es nothwendig, der sogenannten excentrischen Ano
malie zu gedenken, die bei Auflösung des Kepler’sehen Problems eine
wichtige Rolle spielt. Es sei BHA
Figur 5 eine elliptische Planeten
bahn, S die Sonne und BKA ein
mit der halben grossen Axe CA als
Radius um C beschriebener Kreis.
P sei der wahre Ort des Planeten
in seiner Bahn, also PSA die
wahre Anomalie, ferner sei A C x s
die mittlere Anomalie. Zieht man
durch P eine Linie senkrecht zur
Axe BA, so trifft diese in Q den
Kreis BKA und man nennt nun den
Winkel ACQ die excentrische Fi s ur 5 -
Anomalie.
Anomalistisch, siehe Jahr.
Anziehung heisst die gegenseitige Wirkung der Körper auf einander,
in Folge deren sie sich einander zu nähern, Verbindungen einzugehen
und in denselben zu verharren streben. Die Kraft Anziehung auszu
üben, die sogenannte Anziehungskraft, ist eine allgemeine Eigen-
thümlichkeit aller Körper ohne Ausnahme. Auf den Gebieten der
Physik, Chemie, Mineralogie u. s. w. begegnet man einer grossen Reihe
von Erscheinungen, welche offenbar unter dem Einflüsse einer Anzie
hungskraft zu Stande kommen; die kugelförmige Gestalt der Regen
tropfen, die Cohäsion, die chemischen Verbindungen, die mannichfaltigen
Formen der Krystalle, alle offenbaren das Walten von Anziehung der
Materie. Ob aber diese sämmtlichen Erscheinungen bloss unter dem
Einflüsse der sogenannten Massenanziehung, derjenigen Kraft, welche
die Bewegungen der Himmelskörper regiert, stehen, ist zur Zeit noch
keineswegs festgestellt. Das Wesen der Anziehungskraft, nach welchem
so viele Kurzsichtige vergebens gesucht haben, kennt man nicht und
zwar aus dem ganz einfachen Grunde, weil Kraft als solche für unsern
Standpunkt transcendent ist. Wir können bloss die Erscheinungs
formen, unter welchen sich gewisse Kräfte offenbaren, studiren; das
Wesen der Kräfte ist uns verborgen, wie überhaupt das, was mau
„Wesen der Dinge” nennt. Ueber die Gesetze der Massenanziehung,
mit welch’ letzterer allein sich die Astronomie beschäftigt, sehe man
den Artikel Gravitation. Hier möge das Historische der Entdeckung
der Anziehung oder Gravitation (Schwere) Platz finden.