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Kalender.
Gebrauche stehenden Jahresordnungen sind nur zwei von grösserer
Bedeutung für die den Weltverkehr vermittelnden und ausbreitenden
Völker, nämlich die morgenländische und die abendländische.
Die erstere, auch die Julianische genannt, nimmt die Länge des Jahres
um 11 Minuten 15 4 / 10 Secunden, die zweite, auch als die Gregoria
nische bezeichnet, um 27 4 /, 0 Secunden zu gross an. Diese Fehlerquelle
hat bei der ersteren innerhalb 128 Jahren, bei der zweiten innerhalb
3153 Jahren einen Irrthum und Verlust um einen ganzen Tag zur
Folge. Es ist aber nach dem jetzigen Stande der Wissenschaft mög
lich, eine Jahresordnung aufzustellen, deren Fehlerquelle so gering ist,
dass sie erst nach 216 Jahrtausenden einen Irrthum, um einen Tag
ergeben würde. Beide Zeitrechnungen setzen den Anfang des Jahres
freilich auf einen gleichbenannten Tag, den ersten Schneemonat oder
Januar fest. Allein beide Neujahrstage fallen keineswegs zusammen,
sondern wenn die morgenländische Rechnung ein neues Jahr beginnt,
so zählt die abendländische bereits den 12. Schneemonat, und vom
Jahre 1900 ab müsste die Abweichung sogar schon 13 Tage betragen.
Die morgenländische Zeitrechnung erstreckt sich aus der Mitte Europa’s
gegen Morgen um die halbe Erde, die abendländische umfasst gegen
Abend die andere Erdhälfte. Wie hier an den Gränzen der von Mäch
ten des deutschen Bundes beherrschten und grösstentheils mit deut
schen Stämmen bevölkerten Gebiete Ungarns und des ehemaligen Polen
reiches, so begegnen und verwirren sich diese beiden Rechnungen auf
dem nördlichen Festlande der „Neuen Welt.” Während hier inmitten
Europa’s eine Abgränzung der Tageszahl als eine Unmöglichkeit er
scheint, bietet sich in der mit jener Begegnung fast zusammenfallen
den Trennung zwischen Asien und Amerika zu einer solchen die
bequemste Gelegenheit dar. Jeder Tag sollte mit der Mitter
nachtsstunde der Kamtschatkischen Küste an der Behrings
strasse beginnen, so dass stets das amerikanische Ufer derselben
Meerenge nebst den grossen Eilanden Owaihi und Otahaiti um eine
Tageszahl gegen das asiatische Ufer zurückstände. Die Scheidung läuft
dann durch den inselärmsten Längenstrich des Stillen Weltmeeres und
trifft, wie es scheint, in Wirklichkeit von einem Angelpunkte zum
andern auf kein Land.
Angeregt durch das freie deutsche Hochstift haben Mädler und
Heis Vorschläge zu einer definitiven Regelung der Kalenderrechnung
für alle kommenden Zeiten gemacht.
Mädler geht davon aus, dass das mittlere Jahr genau 365 3, / 12S Tage
betrage, woraus sich ergibt, dass eine Periode von 128 Jahren 97 Ge
meinjahre und 31 Schaltjahre haben müsse. Würde also wie bisher,
jede durch 4 theilbare Jahreszahl zu einem Schaltjahre gemacht und
nach je 128 Jahren ein Schaltjahr weggelassen und statt seiner ein
Gemeinjahr, gesetzt, so sei allen Forderungen genügt. Da nun der
Anfang der 128jährigen Periode willkürlich gesetzt werden könne, so
sei es am zweckmässigsten, ihn da zu setzen, wo der Gregorianische
Kalender gleichfalls sein Schaltjahr ausfallen lässt, nämlich 1900.
Der Vorschlag des Professor Heis ist ein anderer. Er geht dahin,