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Länge — eines Sternes.
Fehler in der Längenbestimmung entstehen können, so benutzt man
meist mehrere Chronometer, deren Uebereinstimmung eine grössere
Genauigkeit und Sicherheit verbürgt.
In der neuesten Zeit ist durch Chronometer-Expeditionen die geo
graphische Länge einer grossen Anzahl von Orten, besonders auch von
Sternwarten, bestimmt worden. So hat Struve die Längendifferenzen
zwischen Pulkowa, Altona und Greenwich mittels einer grossen Anzahl
(30 bis 78) Chronometern bestimmt, die 17 Mal von dem einen zum
andern Orte transportirt wurden. Der wahrscheinliche Fehler der auf
diese Weise erhaltenen Resultate beträgt 0,0! 9 oder 0,6 Bogensecunde.
Im Jahre 1839 machte zuerst Gauss auf die Anwendung des
elektrischen Telegraphen zur Längenbestimmung aufmerksam. Da der
galvanische Strom eine Fortpflanzungsgeschwindigkeit besitzt, welche
für jede irdische Distanz als unendlich gross angesehen werden kann,
so ist klar, dass mittels desselben der Durchgang eines Sterns durch
den Meridian des Ortes A im nämlichen Momente dem Orte JB ange
zeigt werden kann und die Zeit, welche verfliesst, bis dort der Stern
durch den Meridian geht (oder welche verfloss, seit er durch den
Meridian ging), giebt den Meridianunterschied an. Diese Methode
giebt überraschend genaue Resultate, besonders unter Anwendung der
selbstregistrirenden Apparate. Der Beobachter in A drückt in dem
Momente, in welchem der Stern durch den Meridian geht, auf einen
Schlüssel, sofort entsteht durch den elektrischen Strom in dem Orte B
auf einem sich fortbewegenden Papierstreifen ein Punkt. Dieser Papier
streifen steht mit der astronomischen Uhr in B in Verbindung, und
zwar wird mittels eines besondern Apparates nach. Verlauf von je
einer Secunde auf demselben ebenfalls ein Punkt erzeugt. Während
der Zeitdauer von einer Secunde dreht sich aber der Papierstreifen
iim einen gewissen Betrag unter dem Stifte, welcher die Punkte er
zeugt, weg. Nehmen wir nun an, die Secundenpunkte ständen auf
dem Papierstreifen um je 1 Zoll auseinander, der Punkt, welcher den
Meridiandurchgang des Sterns in A auf der Station B anzeigt, stehe
hinter einem gewissen Secundenpunkt um 1 Linie entfernt, so ent
spricht dieser Linie '/ I2 Zeitsecunde. Man sieht unmittelbar, mit
welcher Genauigkeit durch das Princip den Zeitunterschied in einen
Raumunterschied zu verwandeln (und die Zeitbestimmung von der Ver
bindung der beiden Sinne Gesicht und Gehör unabhängig zu machen),
die Zeitbestimmungen erhalten werden können. Uebrigens sind an den
unmittelbar erhaltenen Resultaten noch verschiedene Correctionen er
forderlich, auf die hier nicht näher eingegangen werden kann.
Die Wichtigkeit des elektrischen Telegraphen zur Längenbestim
mung ist die Veranlassung gewesen, mittels desselben die Meridian
differenzen der hauptsächlichsten Sternwarten Europa’s neu zu be
stimmen.
Länge eines Sternes heisst der Bogen der Ekliptik zwischen
dem Frühlingsnachtgleichenpunkte und dem Punkte, in welchem der
durch den Stern gelegte Breitenkreis die Ekliptik schneidet. Durch