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Nebelflecke.
und mehrfachen Nebeln übergehe, habe ich noch einiger sonderbaren
Gestaltungen zu gedenken, welche dem südlichen Himmel einen ganz
besonderen Reiz verleihen. Es sind dies die beiden hellen, wolkigen
Flecke, welche den Namen der Magellanischen Wolken führen. Die
grössere hat eine grösste Länge von 20 Grad und etwa 6 Grad Breite;
die kleinere, welche bei Mondschein verschwindet, besitzt etwa 12 Grad
Länge und 3 Grad Breite. Die grössere Wolke kommt zuerst unter
Bezeichnung el-baker, der Ochse, in einem Werke des Persischen
Astronomen Abdurrahman Sufi vor, welches Anleitung zur Kenntniss
des gestirnten Himmels giebt. Yespucci und Petrus Anghiera
schilderten später die beiden merkwürdigen Gegenstände; aber der
glänzende Ruf und die lange Dauer der magellanischen Weltumseglung
(vom August 1519 bis zum September 1522), der lange Aufenthalt
einer zahlreichen Mannschaft unter dem südlichen Himmel, verdunkelte
alles früher Beobachtete, und der Name der Magellanischen Wolken
verbreitete sich unter den schifffahrenden Nationen des Mittelmeeres.
Aber noch lange nachher wusste man von diesen sonderbaren Lichtflecken
wenig Genaues, und die seltsamsten Meinungen über dieselben ver
breiteten sich. Im Jahre 1685 schrieb der Jesuit Fontaney: „Die
grosse und die kleine Wolke sind zwei sonderbare Dinge. Sie er
scheinen durchaus nicht als ein Haufen von Sternen wie der Stern
haufen im Krebs, noch auch in jenem trüben Lichte wie der Nebel
in der Andromeda. Man bemerkt in denselben auch mit sehr grossen
Fernrohren selbst Nichts, obgleich sie ohne diese Unterstützung dem
Auge sehr weiss erscheinen, besonders die grössere Wolke.” Die ge
nauere Kenntniss dieser sonderbaren Gebilde begann erst mit der be
rühmten Expedition des jüngern Herschel nach dem Cap der guten
Hoffnung. Aus den Arbeiten dieses grossen Astronomen ergab sich,
dass die Magellanischen Wolken weder als Theile der Milchstrasse,
wie Einige behaupteten, noch auch als zwei Sternhaufen oder einfache
Nebelflecke betrachtet werden dürfen. Vielmehr zeigte sich, dass beide
Gebilde ein wundersames Aggregat von Nebelflecken, Sternhaufen und
einzelnen Sternen vorstellen, dessen Detail Herschel wohl beobachtet
und gezeichnet hat; die grosse Wolke enthält nach seinem Verzeich
nisse 291 Nebelflecke, 46 Sternhaufen und 582 Sterne; die kleinere
37 Nebelflecke, 7 Sternhaufen und 200 Sterne. Mit den Magellanischen
Lichtwolken contrastiren, beiläufig bemerkt, die schwarzen Flecke oder
Kohlensäcke, deren ebenfalls zuerst Vespucci und Anghiera er
wähnen. Der auffallendste dieser Flecken, welcher mehr als 30 Quadrat
grade bedeckt, befindet sich im Sternbilde des südlichen Kreuzes unge
fähr zwischen ß des Centauren und a Crucis. Auf diesem grossen
Raume zeigt sich nur ein einziger Stern 6.—7. Grösse, dagegen eine
Anzahl von Sternchen 11.—13. Grösse. Im Durchschnitt befinden
sich, den Sternaichungen zufolge, in gleicher Grösse des Gesichtsfeldes
7 bis 9 telescopische Sterne, während an den Rändern umher 120 bis
200 Sterne stehen. Die auffallende Schwärze des Raumes wird durch
den Contrast der Sternfülle ringsherum erklärt. „So lange ich in der
südlichen Tropengegend war”, sagt Humboldt, „unter dem sinnlichen