Parallaxe.
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schlagen musste, worüber das Nähere in dem Artikel Durchgang
durch die Sonnenscheibe. Uebrigens genügt es für die Planeten
die Parallaxe eines einzigen derselben zu kennen, und daraus die
Parallaxen (und Entfernungen) aller übrigen nach der Kepler’schen
Regel leicht zu berechnen.
Alles Vorstehende bezieht sich auf die sogenannte tägliche
Parallaxe der Gestirne, bei welcher der Erddurchmesser die grösst-
mögliche Grundlinie bildet, von deren Endpunkten aus mau nach dem
betreffenden Gestirne visirt. Eine weit grössere Standlinie liegt bei
der jährlichen Parallaxe der Gestirne zu Grunde, nämlich der
Durchmesser der Erdbahn oder 40,000,000 Meilen. Demgemäss ist die
jährliche Parallaxe nichts Anderes als der Winkel, unter welchem,
von einem Gestirne aus gesehen, der Halbmesser der Erdbahn erscheint,
oder, was das dasselbe sagen will, der Unterschied der heliocentrischen
und geocentrischen Länge dieses Gestirns. Benutzen wir wiederum
die obige Figur, so möge in derselben jetzt c die Sonne, adb die Erd
bahn, und M einen Planeten bezeichnen, der sich in der Ebene der
Erdbahn in dem Abstande cM um die Sonne bewegt. Ein Auge in
der Sonne sieht diesen Planeten in der Richtung cM, ein Auge auf
der Erde aber in der Richtung aM, es ist nun ähnlich wie früher
X a,Mo die jährliche Parallaxe des Planeten, während 2 <IcaM
die Elongation und AilacM der Commutationswinkel des Planeten ge
nannt werden. Man sieht sofort, dass, analog wie die tägliche Parallaxe
e ihren grössten Werth im Horizonte besitzt und im Zenith Null wird,
so auch die jährliche Parallaxe ihr Maximum in den Quadraturen, ihr
Minimum in der Opposition und Conjunction erreicht. Diese jähr
liche Parallaxe ist bei den Planeten noch recht merklich und in
der That hat sie dazu gedient, die relativen Entfernungen derselben
von der Sonne abzuleiten, und auf diese Werthe gestützt fand Kepler
sein berühmtes Gesetz, nach welchem sich die Quadrate der Umlaufs
zeiten der Planeten wie die Kuben ihrer mittleren Entfernungen verhalten.
In analoger Weise versuchte schon Copernicus auch die jähr
liche Parallaxe von Fixsternen zu bestimmen, allein er fand keine für
seine Messinstrumente bemerkbare Ortsveränderung, die Gesichtsliuien
von der Erde zu einem beliebigen Fixsterne erschienen durchaus parallel,
ob sie gleich von den beiden Endpunkten einer 40 Millionen Meilen langen
Standlinie nach demselben Sterne hinwiesen. Genau ebenso erging es
seinen Nachfolgern, die mit verbesserten Instrumenten beobachteten
und erst in den Jahren 1837—1838 gelang es Bessel, mittels des
grossen Königsberger Heliometers und einer, von der eben angedeuteten,
abweichenden Methode, die Parallaxe eines Fixsterns (No. 61 im Schwan)
^ zu bestimmen. Diese, zuerst von Galilei vorgeschlagene, dann von
W. Herschel aber ohne Erfolg versuchte Methode besteht darin, den
Abstand des zu untersuchenden Fixsternes von mehreren kleinern, im
Felde des Fernrohrs gleichzeitig sichtbaren Sternen zu messen. Wenn
diese letzteren Sterne sehr viel weiter wie der zu untersuchende von
der Erde entfernt sind, so muss sich in Folge der Ortsveränderung
der Erde die Stellung des zu untersuchenden Sternes gegen jene im
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