Full text: Populäre astronomische Encyclopädie

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Sternwarte. 
oder das Mittagsrohr befindet sich in einem eignen Zimmer, dem 
Meridianzimmer, in dessen Wänden und Decke von Norden nach 
Süden eine Oeffnung ist, welche durch Klappen verschlosseu werden 
kann. Diese Oeffnung entspricht der Richtung des Meridians, der ganz 
scharf durch das Mittagsrohr bezeichnet wird. In der Nähe des Mittags 
rohrs, ebenfalls meist an einem isolirten Pfeiler, befindet sich die astro 
nomische Uhr, an welcher die Zeiten der Meridiandurchgänge der Sterne 
bestimmt werden. Der Gang dieser Uhr wird durch Beobachtung der 
sogenannten Fundamentalsterne (s. d.) controllirt. Während das 
Meridianinstrument oder Mittagsrohr meist nur mässige Dimensionen 
erreicht, besitzen sehr viele Sternwarten auch noch ein grösseres, 
nach allen Weltgegenden drehbares Instrument, ein Aequatoreal, oder 
einen parallaktisch montirten Refractor. Solche mächtige Telescope 
dienen dazu, Beobachtungen ausserhalb des Meridians anzustellen, Pla 
neten und Kometen zu untersuchen, Sternhaufen und Nebelflecke zu 
beobachten. Diese kostbaren Instrumente sind mit Micrometern ver 
sehen, um Abstände von Fixsternen, Stellungen von Flecken auf den 
Planeteuscheiben etc. zu messen. Meist dreht ein Uhrwerk das Fern 
rohr, dem Umschwünge des Himmelsgewölbes entsprechend, so dass 
ein Stern, der einmal in das Feld des Telescops gebracht worden, 
unverrückt in demselben stehen bleibt. Derartige grosse Instrumente 
werden meist etwas höher als die übrigen, unter eignen Tliürmen 
mit drehbaren Kuppeln, aufgestellt. Dass daneben noch andere Räum 
lichkeiten und Instrumente, z. B. Heliometer, Kometensucher etc., auf 
einer wohlausgerüsteten Sternwarte zu finden sind, ist klar. Es ist 
keineswegs nothwendig, dass ein Observatorium ersten Ranges auch 
äusserlich durch imposanten Bau in die Augen springt. Neben dem 
Pariser Observatorium würde sich z. B. die Sternwarte zu Altona sehr 
ärmlich ausnehmen, und doch stehen im Allgemeinen die Beobachtungen, 
welche von dieser letztem Sternwarte ausgehen, bei den Astronomen 
in unvergleichlich höherem Ansehen, als die Beobachtungen des Pariser 
Observatoriums. 
Was die Herstellungskosten einer Sternwarte anbelangt, so be 
laufen sich diese im Allgemeinen auf ziemlich erhebliche Summen. 
Rechnet man das Gebäude zu 15,000, ein Meridianinstrument zu 2000, 
einen Refractor zu 8000, Kometensucher, Uhren etc. zu 2000 Tlilr., 
die jährlichen Ausgaben auf 3000 bis 4000 Thlr., so kann man sich 
eine allgemeine Vorstellung von den Kosten einer Sternwarte machen. 
Die hauptsächlichsten Sternwarten, welche gegenwärtig existiren, sind: 
Pulkowa (mit 14zölligem Refractor), Dorpat (9zöll. Refr.), Moskau 
(lOzöll. Refr.), Kasan (9zöll. Refr.), Kiew (9zöll. Refr.), Königsberg 
(6zöll. Heliometer), Berlin (9zöll. Refr.), Kopenhagen (10'/ 2 zöll. Refr.), 
Altona, Bonn (6zöll. Heliometer), Göttingen, Gotha, Leipzig (Szöll. 
Refr.), Wien, München (10'/ 2 zöll. Refr.), Florenz, Rom (9zöll. Refr.), 
Neapel, Palermo (9zöll. Refr.), Paris, Leyden, Greenwich, Lissabon 
(14zöll. Refr.), Madrid (lOzöll. Refr.), Washington (9zöll. Refr.), Cin- 
cinati (10'/ 2 zöll. Refr.), Cambridge in Nordamerika (lOzöll. Refr.), 
St. Jago, Capstadt etc.
	        
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