Geschichtlicher Ueberblick.
In einer Zeit, da Wissenschaft und Praxis auf allen Arbeits
gebieten der Chemie den Einfluß und die Anwendungsfähigkeit des
elektrischen Stromes studieren, da der Baum der Elektrochemie sich
mehr und mehr verzweigt und seine kraftstrotzenden Blüten herrliche
Früchte verheißen, stellt sich naturgemäß der Wunsch ein, den
Schleier, der die Vergangenheit verhüllt, wieder einmal zu lüften und
dem fragenden Geiste einen Einblick zu gewähren in Denk- und Arbeits
weise vergangener Zeiten. Anfang und Ende des 19. Jahrhunderts
waren gleich in dem Enthusiasmus für die Wunder, die der elektrische
Strom geschaffen hat, schafft und — schaffen wird. Die Elektrochemie
erfreut sich heute einer gedeihlichen Entwicklung; ihr eine glänzende
Zukunft zu prophezeien, haben wir größeres Recht als die früheren
Generationen; aber dazu hat uns auch nur die stille, zielbewußte
Forscherarbeit eines Jahrhunderts mit ihren Erfolgen in der Erkenntnis
und Ausnutzung der Naturgesetze geführt. Mit ihrer Hilfe können wir
die Entdeckungen früherer Zeiten, die Ideen, welche namentlich zu
Anfang des 19. Jahrhunderts bedeutende Geister bewegten, verwerten
und ausnutzen; können wir den Anregungen, welche sich reichlich in
der Fachliteratur finden, folgen und dieselben mit Nutzen verwenden.
So sollen denn hier in kurzen Zügen die Hauptmomente in der
Entwicklung der angewandten Elektrochemie dargestellt werden.
Der Brief, (s. S. 1), in welchem Volta dem Präsidenten der Royal
Society in London, Banks, mit großer Umständlichkeit die Konstruk
tion und die Eigenschaften seiner Säule mitteilte, erregte das größte
Interesse, welches sich darin betätigte, daß die Physiker sofort mit
derselben zu experimentieren begannen. Nicholson, welcher im
Jahre 1800 in seinem Journal über die von ihm mit der Säule ge
sammelten Erfahrungen berichtet, konstatiert, daß der Galvanismus
zweifellos ein elektrisches Phänomen ist, und sagt dann: „Ich muß
mich indes wundern, daß Volta unter den zahlreichen Beobachtungen,
die sein Aufsatz enthält, auf die chemischen Erscheinungen des
Galvanismus, auf die Fabbroni so stark insistiert, besonders auf die
so schnelle Oxydation des Zinks gar keine Rücksicht genommen hat.“