Full text: Handbuch der Elektrochemie

284 
Zersetzungsspannung und Ueberspannung. 
so ist sogar, wie der vorige Abschnitt gezeigt hat, eine quantitative 
Trennung der beiden gelösten Metalle durchführbar. 
Von großer Wichtigkeit ist es, daß die Beschaffenheit des Elek- 
trodemnaterials einen großen Einfluß auf die Zersetzungsspannung von 
Lösungen und damit auf die Reduktionswirkung des an der Kathode 
entladenen Wasserstoffs ausübt. Die Wasserstoffentwicklung tritt z. B. 
sehr leicht an platiniertem Platin, erheblich schwieriger an blankem 
Platin, noch schwerer an Kupfer, an blankem Blei und endlich noch 
bedeutend schwieriger an Quecksilber auf (S. 8G u. 101). Man hat es 
demnach oft in der Hand, durch richtige Wahl des Elektrodenmaterials 
qualitativ und quantitativ verschiedene Reduktionswirkungen herbei 
zuführen. Wir werden bei den organischen Verbindungen vielfach 
hiervon erfolgreichen Gebrauch gemacht sehen. An dieser Stelle sei 
nur als Beispiel die Beobachtungen Lobs angeführt, nach denen bei 
der Reduktion von Nitrobenzol in alkalischer Lösung an einer Kathode 
aus Platin Azoxybenzol, an Nickel und Blei Azobenzol und an Kupfer 
Anilin gebildet werden. 
Den Betrag an kathodischer Spannung, den man an bestimmte 
Elektroden mehr anlegen kann als an eine platinierte Platinelektrode, 
bezeichnet man als „Ueberspannung“. J. Tafel 1 ) bestimmt die 
selbe, indem er zunächst die Klemmenspannung mißt, die sich zwischen 
einer großen, blanken Platinanode und einer zylindrischen, platinierten 
Platinkathode in verdünnter Schwefelsäure ergibt. Die letztere ersetzt 
er dann durch eine Kathode aus dem zu untersuchenden Metall, die 
gleiche Größe und gleichen Abstand von der Anode hat und genau 
so tief in die Flüssigkeit eintaucht wie jene. Die bei gleicher 
Stromstärke nunmehr gemessene Klemmenspannung gibt die Ueber 
spannung, die man bei der gegebenen Stromstärke mit dem betreffenden 
Metall bezw. seiner zur Anwendung gelangten Modifikation — glatt, 
rauh, aufgelockert etc. — erreicht. 
Folgende Tabelle enthält die Ueberspannungen nach Caspari 2 ). 
Metall Kathodisch Anodisch 
Pt platiniert 
0,005 
0,39 
Au 
0,02 
0,59 
Fe in NaOH 
0,08 
— 
Pt poliert 
0,09 
0,62 
Ag 
0,15 
— 
Ni 
0,21 
— 
Cu 
0,23 
— 
Pd 
0,46 
0,39 
Cd 
0,48 
— 
Sn 
0,53 
— 
Pb ... . 
0,64 
— 
Zn in zinkhaltiger Säure .... 
0,70 
— 
Hg ... 
0,78 
— 
Cu amalgamiert 
0,51 
— 
Pb „ 
0,54 
— 
Cd „ 
0,68 
— 
Anderseits bewirken oxydierende Stoffe 3 ) dadurch, daß sie den 
Wasserstoff von der Kathode wegnehmen, noch ehe er den zur Ent- 
! ) Tafel, Zeitschr. f. Elektr. 8, p. 604 (1902). 
2 ) Caspari, Zeitschr. phys. Chem. 30, p. 88; Zeitschr. f. Elektr. (>, p. 37 (1899). 
3 ) S. z. ß. A. Panchaud de Bottens, Zeitschr. f. Elektr. 8, p. 305.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.