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Zuckerfabrikation.
zur Saturation. Von dieser Station ab offenbart sich die Wirkung der
elektrischen Behandlung, indem die gewöhnlich benötigte Menge Kalk
um 40 bis 50 °/o herabgesetzt werden kann und die Saturation viel
schneller und leichter erfolgt. Mit derselben Kesselzahl kann man
ferner ohne Mühe die Arbeit um 25 bis 30°/o erhöhen und die Menge
des zum Unterdrücken des Schaumes nötigen Fettes kann um 60 bis
70°/o herabgesetzt werden. Für die tägliche Verarbeitung von 4095 hl
Rüben ist ein Strom von 5,5 Volt und 850 A. erforderlich. Die
Wirkung der Elektrolyse erstreckt sich wesentlich auf die organischen
und namentlich auf die stickstoffhaltigen Substanzen, die in fast drei
facher Menge gegen die gewöhnliche Saftreinigung gefällt werden.
Auch W. Bersch 1 ) bestätigt nach seinen Erfahrungen in der
Zuckerfabrik Lobkowitz die günstige Wirkung der Elektrolyse, die
zu 50 °/o Kalkersparnis führte.
Ein sehr ähnliches Verfahren wie das oben beschriebene wollen
P. H. van der Weyde und O. Lugo in Anwendung bringen. Sie #
erhitzen den Diffusionssaft auf 95° und bringen ihn dann in flache
Behälter mit Aluminiumelektroden bezw. mit Anoden aus Aluminium
und Kathoden aus Kohle oder einem anderen, kenie Nebenwirkung
ausübenden Materiale. Die Stromspannung soll 4 bis 5 Volt, die
Reaktionsdauer 5 bis 10 Minuten betragen.
Ein etwas sehr viel versprechendes Verfahren, über welches aber
Betriebsresultate nicht bekannt geworden sind, haben Javaux, Gallois
und Dupont ausgearbeitet 2 ). Dasselbe will sämtlichen Zucker des
Saftes als weiße Ware gewinnen, ohne zur Behandlung mit Schwefel
dioxyd schreiten zu müssen und ohne Rückstände und Melasse zu er
halten. Danach wird der Saft mit Kalk oder Baryt versetzt und auf
85 bis 90° C. erhitzt; die so behandelten Säfte müssen schwach alkalisch
sein, um Inversion zu vermeiden und gleichzeitig eine Menge organischer
Verunreinigungen auszufällen. Man filtriert und elektrolysiert in fol
gender Weise. Die filtrierten Säfte fließen in Abteilungen, welche
durch poröse Diaphragmen gebildet werden. Die Abteilungen für die
Säfte sind von den Abteilungen für Wasser getrennt. Die Anoden
tauchen in den Zuckersaft. Sie bestehen aus Platten von Oxyden des
Mangans oder Aluminium für eine Reihe von Bottichen und aus Blei
platten für eine zweite Reihe, in welche der Saft gelangt, nachdem
er die erste Serie passiert hat. Die Kathoden der mit Wasser ge
füllten Abteilungen können aus Kohle, Eisen oder anderen in Alkalien
unlöslichen Stoffen bestehen.
Unter der Wirkung des Stromes werden die fremden Bei
mengungen zersetzt; die frei gewordenen Säuren werden durch die
Anodenmaterialien gebunden, während die basischen Bestandteile in
die Kathodenräume wandern.
Es soll sehr vorteilhaft sein, die Säfte zuerst mit Manganoxyd-
anoden zu behandeln, weil die ersten durch den Strom in Freiheit ge
setzten Säuren mit diesen Anoden vollkommen unlösliche Verbindungen
bilden. Anderseits ist am Schlüsse der Elektrolyse das leicht zu re
generierende Blei von großem Vorteile.
9 Oester;-ungar. Z. Zucker-Ind. u. Landw. 26. p. 41 (1897).
2 ) l’Electricien 207, p. 394 (1894).!