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V Eingeweihte halten, so werden unsere spätern Nachkommen
»sehen, daß wir nur noch als unmündige Kinder an der
»Schwelle des Tempels der Erkenntniß gestanden sind. Aber
»laßt uns darum nicht kleinmüthig werden: begnügen wir
»uns vielmehr dankbar mit dem, was wir bereits selbst ent-
»deckt haben, und staunen wir nicht darüber, daß Dinge,
»die so tief liegen, erst so spat enthüllet werden.« — Gewiß,
man kann sich beinahe nicht richtiger und schöner zugleich
ausdrücken. Aber ist Seneka darum derjenige, dem wir
die Kenntniß der wahren Kometenbahnen verdanken? 2 st er
der eigentliche Entdecker dieser Bahnen? Wohl eben so wenig,
als Dörfel, der Prediger im Voigtlande, der in einer
kleinen Schrift, die er über den Kometen von 1680 bekannt
machte, den Satz aufgestellt hatte, daß die Kometenbahnen
Parabeln seyen; eben so wenig, als Graf P ercy von Nor-
thumberland, der schon im Anfange des siebzehnten Jahr
hunderts die Meinung hatte, daß die Kometen sich in Ellip
sen bewegen, in deren einem Brennpunkte die Sonne ist.
Man findet leicht eine Menge solcher Zusammenstellungen,
wenn man nur eigens darauf ausgeht. Die Theorie der
allgemeinen Schwere, die Kepler'schen Gesetze, das Koper-
nikanische Weltsystem, die Fernröhre, das Schießpulver —
alles hatten die Alten schon entdeckt, wenn nämlich eine bloß
aufGeradewohl, vielleicht nur als eine schöne poetische Phrase
hingeworfene, unbestimmte, und durch nichts begründete Mei
nung, auch sogleich schon eine Entdeckung heißen soll.
Newton ist es, dem die große und unbestreitbare
Ehre gebührt, diesen wichtigen Theil der Sternkunde zu
erst aus dem wahren Gesichtspunkte betrachtet, gehörig be
handelt und durch Rechnung unterstützt zu haben, indem
er das von ihm entdeckte Gesetz der allgemeinen Schwere
durch die ebenfalls von ihm entdeckte höhere Analysis auf die
Kometen, als auf wahre sich gleich den Planeten um die
Sonne bewegende Himmelskörper angewendet, und zugleich