Full text: Calendariographie, oder Anleitung, alle Arten Kalender zu verfertigen

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Der Kalender ist also das nothwendigste aller 
Bücher^ und diese drey Worte würden allein schon hinreichen, 
ihm den Rang vor allen andern Geisteswerken anzuweisen, die 
je aus der Druckerpresse hervorgegangen sind. In der That be 
darf es keines Beweises, daß dieses wahrhaft goldene Buch we 
der auf dem Throne noch in der Bauernhütte, weder im Felde 
noch in der Kirche, weder in dem Gerichtssaale noch in der Wach 
stube, weder in dem Comptoir des Kaufmanns noch auf dem 
Putztische der Dame entbehrt werden kann, so daß es im Krieg 
und Frieden, zu Wasser und zu Land, in allen Sprachen, in 
allen Religionen, bey allen Völkern und zu allen Zeiten als 
unumgänglich nothwendig und als gänzlich unentbehrlich erkannt 
werden muß. Der Fürst muß ihn um Rath befragen, um seine 
Decrete, der General seine Ordres, der Staatsmann seine Depe 
schen, der Kaufmann seine Wechsel, der Geistliche seine Gebete, 
der Bauer seine Landarbeiten, und selbst das Kammermädchen 
ihre Liebesbriefchen darnach zu oatiren, ja auch die unnützesten 
Mitglieder des Staates, die nichtsthuenden Müßiggänger, 
müssen doch ihren Müßiggang selbst und ihre zwecklosen Spa 
zierfahrten darnach einrichten, und selbst der endlich, den der 
Staat bereits aus seinem Vereine herausgestoßen hat, der arme 
Gefangene, dem das Licht der Sonne nicht mehr leuchtet, muß 
bey dem düstern Scheine seiner Lampe die überstandenen Tage 
seiner Leiden auf einem Stückchen Holz einschneiden, das ihm 
die Stelle eines Kalenders vertritt, um daran die nur zu lang 
same Annäherung seiner Befreyung oder seines Todes abzählen 
zu können. 
Aber wie nothwendig er auch dem Einzelnen jeder 
Klasse erscheint, so wird er doch noch viel nothwendiger, sobald 
diese Einzelnen aus irgend einer Ursache sich in eine Art von 
G e se llsch aft vereinigen, und es gibt durchaus keine Zu-
	        
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