288 Viertes Kapitel. Ausdehnung des Weltraums.
Alle Astronomen nach Galilei suchten die Parallaxen
zu bestimmen, und als Flamstead, Römer und Picard
die durch die Aberration des Lichts verursuclite jähr-.
liehe Ortsveränderung der Sterne entdeckt hatten, glaubte
Horrebowio die Parallaxe gefunden zu haben, indem
er nicht beachtete, dass diese neu entdeckte Orts
veränderung in einer Ebene stattfindet, welche senk
recht zu derjenigen steht, in welcher die parallaktische
Verschiebung stattfindet, nämlich in der Richtung der
Tangente an die Erdbahn, während die Parallaxe in
der Richtung des Radius vector stattfindet. (Vgl. Fig. 76.)
Es ist merkwürdig, dass mit diesen Ortsveränderungen
der Sterne der so lange gesuchte Beweis für die Be
wegung der Erde gefunden war, aber längere Zeit ver
kannt wurde. Dieser Beweis war viel sicherer und
grossartiger, als ihn die Parallaxen geliefert haben
würden. Die Entfernungen der Fixsterne Hessen sich
durch diese Entdeckung jedoch nicht bestimmen.
Auch W. Herschel suchte mit seinen neuen Instru
menten, die alle frühem an optischer Kraft übertrafen,
die Aufgabe zu lösen, allein ohne Erfolg. Indessen
fand auch er eine Entschädigung für seine Mühe in der
Entdeckung der physischen Doppelsterne. So hatten
die Bemühungen, das Problem der Parallaxen zu lösen,
zwei bedeutende Entdeckungen zur Folge, während es
selbst ungelöst blieb.
Es war den bei weitem vollkommenem modernen
Instrumenten Vorbehalten, die Frage endgültig zu ent
scheiden. Als Bessel mit seinem Heliometer den Stern
61 im Schwan beobachtete und wiederholt seine Ent
fernung von einigen benachbarten Sternen bestimmte,
erkannte er in der Stellung desselben eine jährliche
Schwankung von ungefähr 0,7 Secunden und fand als
Werth seiner jährlichen Parallaxe 0'',35. Aus diesem
Resultat ergibt sich die Entfernung dieses Sterns gleich
589,043 Halbmessern der Erdbahn. Das Licht würde,
um von ihm zu uns zu gelangen, ungefähr neun Jahre
brauchen.