(36 Zweites Kapitel. Physik der Sterne.
gehalten haben. Dies ist glücklicherweise nicht mehr
der Fall, und der Astronom kann die Materie der Sterne
mit derselben Leichtigkeit analysiren, mit der der
Chemiker die irdischen Substanzen in seinem Labo
ratorium analysirt. Diesen Ungeheuern Fortschritt der
Wissenschaft verdanken wir einem kleinen Instrument,
dem Spectroskop. Der geschickte Dote, welcher uns
diese werthvolle Kunde aus der Tiefe des Himmelsraumes
bringt, ist das Licht. Die Anwendung und die Grund
lagen der Spectroskopie sind heute so allgemein bekannt,
dass es genügt, kurz dasjenige zusammenzufassen und
zu wiederholen, was ich in meinem Werke über die
Sonne * ausgeführt habe. Indem ich im übrigen auf
jenes Werk verweise, beschränke ich mich darauf, hier
den wesentlichen Inhalt jenes Werks anzuführen, soweit
er ausschliesslich die Sterne betrifft.
Der erste, welcher ein Sternspectrum von wissen
schaftlichem Werth eiiiielt, war Fraunhofer. Nachdem
er mit grosser Genauigkeit das Sonnenspectrum mit
seinen zahlreichen Linien untersucht und beschrieben
hatte, unternahm er die Untersuchung anderer Licht
quellen und namentlich auch einiger Sterne. Um einige
Schwierigkeiten zu heben, die sich in Betreff der Frage
nach dem Ursprung der Spectrallinien bieten konnten,
wenn er zur Erzeugung des Spectrums einen sehr engen
Spalt aivwandte, untersuchte er das Spectrum, welches
durch die Sonnenstrahlen erzeugt wurde, wenn er
dieselben durch sehr feine Löcher treten liess. Dieselben
gaben natürlich sehr schmale, linienförmige Spectra,
in denen man unmöglich die Lücken und Streifen er
kennen konnte. Um dieselben ohne Anwendung eines
Spaltes breiter zu machen, bediente er sich einer
cylindrisclien Linse. In den so breiter gemachten
Spectren konnte er dieselben Linien erkennen, wie in
* Secchi, Die Sonne (deutsch von Schellen, Braunschweig 1872).
Näheres wird auch das demnächst in der Internationalen
wissenschaftlichen Bibliothek erscheinende Werk von Lockyer
enthalten. D. Red.