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Scheiner, Strahlung und Temperatur der Sonne.
dem Rande zu resultiren würde, als die Beobachtungen ergeben. So
schliesst Pickering aus seinen, wie gezeigt wurde, zu starken Absorp
tionswertlien, dass eine supponirte homogene Atmosphäre von der Höhe
des Sonnenradius und dem Transmissionscoefficienten 0.26 den Beobach
tungen Genüge leiste. Seeliger hat aus den Vogel sehen Werthen
abgeleitet, dass die Sonnenatmosphäre eine merkliche Dispersion be
sitzen müsse und dabei entweder sehr dünn oder sehr niedrig sei; nach
den eben mitgetheilten Beobachtungen scheint mir nur die zweite dieser
Möglichkeiten in Frage zu kommen.
Irgendwie sichere Aufschlüsse über die absorbirende Sonnenatmo
sphäre lassen sich aus den bisherigen Beobachtungen nicht gewinnen;
man wird wohl nicht fehl gehen, wenn man sie in die Chromosphäre
und die dicht darüber gelegenen Theile, in denen die Protuberanzen
auftreten, verlegt.
Die für die effective Strahlung der Photosphäre oben gefundene Zahl
von 7760° darf als eine recht sichere bezeichnet werden, insofern als
die zu ihrer Ableitung benutzten Beobachtungen und Formeln keinen
grösseren principiellen Fehlerquellen unterworfen sind und die Be
obachtungsfehler überhaupt nur in sehr geringem Masse in diesen Werth
eingehen. Es ist bereits angegeben, dass wegen der UnkenntnisS des
Emissionsvermögens der Photosphäre ein Schluss auf die wahre Tem
peratur der Photosphäre nicht möglich ist, und dass selbst bei bekanntem
Emissionsvermögen die Berechnung der wahren Temperatur auf schwachen
Füssen stehen würde, da das zu allen bisherigen Rechnungen benutzte
Stefan’sche Gesetz bisher nur für die Strahlung eines absolut schwarzen
Körpers bewiesen ist. In wie weit das Stefan sehe Gesetz bei der
Anwendung auf andere Körper fehlerhaft ist, entzieht sich vorläufig der
Beurtheilung; nur so viel lässt sich sagen, dass die Abweichungen bis
zu Temperaturen von mehreren hundert Grad bei Körpern, deren Emis
sionsvermögen sich der Einheit nähert, also bei Russ z. B., fast ganz
innerhalb der Beobachtungsfehler liegen.
Mit diesem Vorbehalte wird es erlaubt sein, für verschiedene Emissions
vermögen die wahren photosphärischen Temperaturen zu berechnen, um
wenigstens einen Ueberblick über diese Verhältnisse zu gewinnen.
Da die Constante c des Stefan’schen Gesetzes die Bedeutung des
Emissionscoefficienten besitzt, so erhält man die wahren Werthe der
Temperatur unmittelbar durch Multiplication der eflfectiven Temperatur
mit ye.
Für die beigeschriebenen Emissionscoefficienten der Photosphäre
(gültig für die betreffenden Temperaturen) erhält man somit folgende
wahre Temperaturen: