Full text: Strahlung und Temperatur der Sonne

Die Wärmestrahlung der Sonne. 
55 
habe. Dieselbe beruht auf dem merkwürdigen Verhalten zweier Magne- 
siumlinien bei den Wellenlängen 448.1 und 435.2 ui.i. Die erstere 
dieser Linien tritt in fast allen Spectren der I. Spectralclasse sehr stark 
hervor; in den Spectren der Sterne der II. Spectralclasse, zu denen 
unsere Sonne gehört, ist sie schwach, und in denen der III. Classe 
scheint sie zu fehlen. In dem Funkenspectrum des Magnesiums ist 
die Linie sehr stark; dagegen ist sie nicht im elektrischen Bogen 
oder im Spectrum des brennenden Magnesiums zu finden. Es liegt 
hiernach nahe, die Eigentliümlichkeiten dieser Linie auf die Ver 
schiedenheit der Temperaturen im elektrischen Bogen und im Funken 
zurückzuführen und daraus weitere Schlüsse auf die Temperatur in den 
Fixsternen zu ziehen; es geht dies aber nicht an, da Druckverschieden 
heiten ja denselben Effect haben könnten. Merkwürdiger- und glück 
licherweise zeigt nun die zweite der oben angegebenen Magnesiumlinien 
genau das entgegengesetzte Verhalten, sowohl in den Sternen als auch 
im Laboratorium. In den Spectren der Classe I ist sie gar nicht oder 
kaum vorhanden, in denen der II. Classe ist sie sehr hervorragend und 
erscheint in lila als eine der stärksten Linien. Im Funkenspectrum ist 
sie nicht vorhanden, dagegen im elektrischen Bogen sehr kräftig. 
Der günstige Umstand, dass zwei demselben Stoffe angehörige 
Linien ein entgegengesetztes Verhalten zeigen, beweist nun sofort, dass 
die Erscheinungen, welche diese Linien auf den Sternen bieten, von der 
Temperatur allein abhängen und nicht vom Druck. Denn bei vermehr 
tem Drucke treten alle Linien ohne Ausnahme kräftiger hervor; da 
gegen ist es eine bekannte Thatsache, dass einzelne Linien bei wach 
sender Temperatur schwächer werden und schliesslich verschwinden. 
Man kommt also zu dem Schlüsse, dass die Temperatur derjenigen 
Schicht, welche die Fraunhofer’schen Absorptionslinien erzeugt, das ist 
die obere Grenze der Photosphäre, für die Sterne der Classe IIa (Sonne) 
wohl höher als die des elektrischen Bogens, aber wesentlich niedriger 
als die stark gespannter Funken ist. Als untere Grenze für die wahre 
Temperatur würde man hiernach etwa 5000° annehmen können; die 
obere Grenze bleibt unsicherer, dürfte aber den Betrag von 10000° wohl 
kaum überschreiten. 
Wie schon angedeutet, liegt die Möglichkeit vor, aus der Wellen 
länge des Energiemaximums auf die absolute Temperatur des strahlen 
den Körpers zu schliessen. 
Auf S. 27 ist die theoretische Ableitung des Zusammenhangs zwischen 
der absoluten Temperatur eines strahlenden schwarzen Körpers und der 
Gesammtenergie seiner Strahlung gegeben, nach welcher das Stefan-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.