Die Wärmestrahlung der Sonne.
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habe. Dieselbe beruht auf dem merkwürdigen Verhalten zweier Magne-
siumlinien bei den Wellenlängen 448.1 und 435.2 ui.i. Die erstere
dieser Linien tritt in fast allen Spectren der I. Spectralclasse sehr stark
hervor; in den Spectren der Sterne der II. Spectralclasse, zu denen
unsere Sonne gehört, ist sie schwach, und in denen der III. Classe
scheint sie zu fehlen. In dem Funkenspectrum des Magnesiums ist
die Linie sehr stark; dagegen ist sie nicht im elektrischen Bogen
oder im Spectrum des brennenden Magnesiums zu finden. Es liegt
hiernach nahe, die Eigentliümlichkeiten dieser Linie auf die Ver
schiedenheit der Temperaturen im elektrischen Bogen und im Funken
zurückzuführen und daraus weitere Schlüsse auf die Temperatur in den
Fixsternen zu ziehen; es geht dies aber nicht an, da Druckverschieden
heiten ja denselben Effect haben könnten. Merkwürdiger- und glück
licherweise zeigt nun die zweite der oben angegebenen Magnesiumlinien
genau das entgegengesetzte Verhalten, sowohl in den Sternen als auch
im Laboratorium. In den Spectren der Classe I ist sie gar nicht oder
kaum vorhanden, in denen der II. Classe ist sie sehr hervorragend und
erscheint in lila als eine der stärksten Linien. Im Funkenspectrum ist
sie nicht vorhanden, dagegen im elektrischen Bogen sehr kräftig.
Der günstige Umstand, dass zwei demselben Stoffe angehörige
Linien ein entgegengesetztes Verhalten zeigen, beweist nun sofort, dass
die Erscheinungen, welche diese Linien auf den Sternen bieten, von der
Temperatur allein abhängen und nicht vom Druck. Denn bei vermehr
tem Drucke treten alle Linien ohne Ausnahme kräftiger hervor; da
gegen ist es eine bekannte Thatsache, dass einzelne Linien bei wach
sender Temperatur schwächer werden und schliesslich verschwinden.
Man kommt also zu dem Schlüsse, dass die Temperatur derjenigen
Schicht, welche die Fraunhofer’schen Absorptionslinien erzeugt, das ist
die obere Grenze der Photosphäre, für die Sterne der Classe IIa (Sonne)
wohl höher als die des elektrischen Bogens, aber wesentlich niedriger
als die stark gespannter Funken ist. Als untere Grenze für die wahre
Temperatur würde man hiernach etwa 5000° annehmen können; die
obere Grenze bleibt unsicherer, dürfte aber den Betrag von 10000° wohl
kaum überschreiten.
Wie schon angedeutet, liegt die Möglichkeit vor, aus der Wellen
länge des Energiemaximums auf die absolute Temperatur des strahlen
den Körpers zu schliessen.
Auf S. 27 ist die theoretische Ableitung des Zusammenhangs zwischen
der absoluten Temperatur eines strahlenden schwarzen Körpers und der
Gesammtenergie seiner Strahlung gegeben, nach welcher das Stefan-