Full text: Strahlung und Temperatur der Sonne

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Scheiner, Strahlung und Temperatur der Sonne. 
der mittleren Erdentfernung-. Für das Jahr als Einheit erhält man hierfür 
den Betrag von 58 X 10 31 Gr.-Cal. 
Wenn die specifische Wärme der Sonne bekannt wäre, so würde 
man hiermit die jährliche Temperaturabnahme bestimmen können. Man 
wird wohl keinen grossen Fehler begehen, wenn man die specifische 
Wärme der Sonne gleich derjenigen des Wassers = 1 setzt, da der 
Wasserstoff, der jedenfalls einen wesentlichen Bestandtheil der Sonnen 
materie ausmacht, eine höhere specifische Wärme (3.41) besitzt, die 
meisten anderen Metalldämpfe dagegen eine beträchtlich kleinere. 
Substituirt man daher für die Sonne eine Wasserkugel von gleicher 
Masse, wobei die Dichtigkeit der Sonne zu 1.4 angenommen ist, so ent 
hält diese Kugel 19 X IO 31 g Wasser; die jährliche Temperaturabnahme 
wird dann 
58 X 10 31 
19 X 10 31 
= 3?0 betragen und für die zur Zeit als wahrschein 
lichste ermittelte effective Temperatur der Photosphäre von 7000° gelten. 
Es ist nun nicht bekannt, nach welchem Gesetze die Temperatur 
eines Gasballes von der Beschaffenheit der Sonne durch Ausstrahlung 
abnimmt. Die vollständige Abkühlung auf die Temperatur des Weltalls 
erfolgt natürlich erst in unendlich langer Zeit. Bei der Ungewissheit 
über diese Verhältnisse empfiehlt es sich stets, möglichst einfache An 
nahmen zu machen, und so soll vorausgesetzt werden, dass die Tem 
peraturabnahme nach einer geometrischen Progression erfolge. Berechnet 
man dann z. B., wieviel Zeit erforderlich ist, um die Sonnentemperatur 
von dem doppelten ihres Betrages auf die jetzige Temperatur von 7000° 
zu erniedrigen, so erhält man hierfür den Betrag von rund 1500 Jahren. 
Die Intensität der Strahlung wird alsdann nach dem Stefan’schen Ge 
setze auf y 16 ihres Betrages herabgesetzt, und es bedarf eigentlich gar 
keiner Frage, dass ein so enormer Unterschied auf das deutlichste in 
die Erscheinung treten müsste. Es ist aber immerhin interessant, die 
Rechnung möglichst strenge durchzuführen. Während man früher ziem 
lich allgemein annahm, dass die Wirkung der inneren Erdwärme auf 
das Klima verschwindend klein sei, dass letzteres allein durch die 
solaren Einflüsse bedingt werde, ist man in neuerer Zeit hiervon ab 
gekommen. Nach den Untersuchungen von Zenker 1 ) ergiebt sich, dass 
nach verschiedenen Methoden in guter Uebereinstimmung die Tempera 
tur der Erdoberfläche ohne Sonnenstrahlung —73° beträgt. Da nun nach 
Hann 1 2 ) die mittlere Temperatur der Erde 15° beträgt, so würde der 
Effect der Sonnenstrahlung auf die mittlere Temperatur der Erde 88° 
1) Thermischer Aufbau der Klimate. Halle (Leipzig) 1895. 
2) Hann, Klimatologie. Stuttgart 1897.
	        
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