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Scheiner, Strahlung und Temperatur der Sonne.
durch die empfindlichsten Apparate bisher kaum gelungen ist; doch ist
der Gesammtbetrag derselben, der von einer Kugel, wie sie die Sonne
darbietet, aufgefangen wird, immerhin nicht unbeträchtlich. Da die Erde
aber der gleichen Strahlung ausgesetzt ist und die letztere sogar der ge
ringen Ausstrahlung der bereits stark abgekühlten Erde gegenüber nicht
merklich erscheint, so kann natürlich von einem wesentlichen Ersätze
der Sonnenausstrahlung auf diesem Wege nicht die Kede sein.
Eine zweite Art der Zufuhr von Energie, gleichzeitig mit einer Ver
mehrung der Masse der Sonne verbunden, ist durch den Zusammenstoss
der Sonne mit meteorischen Massen denkbar. Wegen der meist sehr grossen
Geschwindigkeiten dieser Massen ist trotz der Kleinheit der letzteren die
lebendige Kraft und damit die umgesetzte Wärmemenge eine sehr be
deutende. Man hat dieser Art der Energiezufuhr grosse Bedeutung bei
gelegt und ihren Effect berechnet, indem man die Zahl der auf die Sonne
stossenden Meteore nach den entsprechenden Zahlen für die Erde berech
nete. Dieses Verfahren ist nun meiner Ansicht nach völlig unberechtigt,
da es die Voraussetzung involvirt, dass der Weltraum ebenso dicht mit
meteorischer Materie erfüllt sei, wie unser Sonnensystem, was ohne Zweifel
durchaus unrichtig ist. Von .den kleinen Körperchen, welche im Weltall
zerstreut, in den Anziehungsbereich der Sonne gerathen sind, ist natürlich
nur ein verschwindend kleiner Theil wirklich auf die Sonne gestürzt;
ein weit überwiegender Theil ist von der Sonne in geschlossene Bahnen
gezwängt worden, und infolge dessen hat sich um die Sonne im Laufe
der ausserordentlich grossen Zeiträume, die hierbei zur Verfügung stehen,
eine Hülle von meteorischen Partikeln gebildet, die ganz unübersehbar
viel dichter sein muss, als der Weltraum. Für unsere Erde kommt
allerdings diese Dichte in Frage, für die-Sonne dagegen nur diejenige
des Weltraums. Hierbei ist noch ganz ausser Acht gelassen, dass viel
leicht ein grosser Theil der Meteore nicht aus dem Welträume stammt,
sondern ursprünglich dem Sonnensystem angehört.
Es lässt sich nun berechnen, welche Masse erforderlich ist, um durch
ihren Zusammenstoss mit der Sonne den Strahlungsverlust zu decken.
Gelangt ein Körper mit der Anfangsgeschwindigkeit 0 in den An
ziehungsbereich der Sonne, so wird er heim Auftrelfen auf die Sonnen-
oberfläche eine Geschwindigkeit von 607 Kilometer in der Secunde erlan
gen, wobei die Beschleunigung an der Sonnenoberfläche zu 266.6 Meter
genommen ist. Die Umsetzung seiner lebendigen Kraft in Wärme er
folgt nach
mv 2
8.338
Gr.-Cal.,
und um den jährlichen Wärmeverlust der
Sonne von 58 X 10 31 Cal. zu decken, wäre eine jährlich auf die
Sonne stürzende Masse von 13 X 10 18 Kilogramm erforderlich, die, wenn