Full text: Strahlung und Temperatur der Sonne

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Scheiner, Strahlung und Temperatur der Sonne. 
Die Rotation der Sonne wirkt nun durch Reibung in dieser Hülle 
wie ein Fächer. Die Gase werden an den Polen angesaugt, zum Ae- 
quator geführt und dort wieder ausgestossen. Bei der Annäherung an 
die Sonne wird die zuerst im Zustande äusserster Verdünnung befind 
liche Masse allmählich verdichtet und dadurch erwärmt; bei der Berührung 
mit der Photosphäre kommt sie zur Verbrennung und entwickelt daher 
eine starke Wärmemenge, welche zur Erhaltung der Sonnenenergie dient. 
Die Verbrennungsproducte werden vom Aequator aus wieder in den 
Weltraum geschickt. Der wichtigste Punkt der Siem ens sehen Theorie 
ist nun der, dass diese Verbrennungsproducte durch die Sonnenstrahlung 
wiederum regenerirt werden, hierbei also die strahlende Energie auf 
gezehrt wird, so dass sie nicht ins Unendliche ausstrahlen kann. Die 
Berechtigung zu einer solchen Annahme zieht Siemens aus Versuchen 
von Tyndall, nach denen strahlende Wärme durch Wasserdampf und 
andere Verbindungen sehr stark absorbirt wird, wobei die strahlende 
Energie einer intensiven Wärmequelle ein höheres Dissociationsvermögen 
besitzt, als der direct messbaren Temperatur der Gase entspricht. Sehr 
beweisend ist nach Siemens der folgende Versuch: Eine mit Wasser 
dampf gefüllte Glasröhre wurde an einem Ende auf —32° abgekühlt, 
entsprechend einem Dampfdrücke von 1 /i SOO Atmosphäre. Eine elektrische 
Entladung ging alsdann nicht durch die Röhre hindurch, wohl aber ge 
schah dies, nachdem das freie Ende der Röhre einige Stunden der 
Sonnenstrahlung ausgesetzt worden war, wobei die Entladung auf das 
Vorhandensein von Wasserstoff hinzuweisen schien. 
Es hat sich an die Siemens’sche Theorie eine sehr umfangreiche 
Polemik geknüpft, und es sind eine grosse Zahl von Einwürfen gegen 
dieselbe erhoben worden, die übrigens, wie nicht geleugnet werden 
kann, theilweise von Siemens erfolgreich zurückgewiesen sind. Be 
sonders ein Einwurf, der zuerst von Hirn erhoben worden ist, dürfte 
aber geeignet sein, das Fehlerhafte der Siemens’schen Theorie klar 
zu stellen. Die Temperatur an der Sonnenoberfläche ist eine so hohe, 
dass daselbst chemische Verbindungen nicht existiren können. Die ge 
forderte Verbrennung der von den Polen zuströmenden Gase muss also 
schon in beträchtlicher Entfernung von der Oberfläche erfolgen, und bei 
weiterer Annäherung wird wieder Dissociation stattfinden, so dass also 
ein Gewinn an Wärme nicht entsteht. Schliesslich kann man sich auch 
nicht recht vorstellen, wie überhaupt bei der nothwendigen ausserordent 
lichen Dünne der kosmischen Gase dieselben eine solche Energiemenge 
herbeiführen können, oder mit anderen Worten, wie es möglich ist, dass 
ein Energiestrom von nahe der gleichen Stärke wie der als Strahlung
	        
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