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Scheiner, Strahlung und Temperatur der Sonne.
auch von (lenen der Sonne. Dubois hat gezeigt, dass auch die relative
Dauer der heisseren Zeiten gegenüber den späteren kühleren sich mit der
relativen Dauer des Verweilens eines Sterns innerhalb der einzelnen
Spectralclassen auf Grund des von mir auf Seite 326 meiner »Spectral-
analyse der Gestirne« gegebenen Gedankenganges, nach welchem diese
Dauer ungefähr dem Procentsatze der jetzt jeder einzelnen Classe an
gehörenden Sterne proportional gesetzt werden kann, in Zusammenhang
bringen lässt. — Uebrigens hat fast zu gleicher Zeit und gänzlich un
abhängig hiervon Dubois in seiner erwähnten Schrift den gleichen Ge
danken ausgesprochen und darnach auch das Yerhältniss zwischen der
jetzigen und der früheren Strahlungsintensität der Sonne abgeschätzt.
2. Periodische Aenderungen der Sonnentemperatur.
Als kürzeste Periode von Schwankungen der Sonnentemperatur, die
nicht mit der Rotationsdauer Zusammenhängen, kann nur die elfjährige
Periode der Sonnenflecken in Frage kommen, deren recht regelmässiger
Verlauf durch ausserordentlich zahlreiche Beobachtungen festgelegt ist.
Die Photosphäre sendet an der Stelle eines Sonnenflecks eine ge
ringere optische Strahlung aus, als an den anderen Stellen. Es ist nun
gleichgültig, woher diese Verminderung rührt, ob sie bedingt ist durch
eine Absorption oder durch Verminderung der strahlenden Partikel der
Photosphäre infolge von Temperaturerhöhung; jedenfalls muss in einem
Sonnenfleck auch die Wärmeausstrahlung eher geringer als grösser sein,
gegenüber derjenigen der Photosphäre. Damit stimmen im allge
meinen auch die Beobachtungen überein, und es erscheint daher am
wahrscheinlichsten, dass bei Vorhandensein von Flecken auf der uns
zugewandten Seite die Sonnenstrahlung (Wärmestrahlung) geringer ist,
als zu anderen Zeiten.
Ob dies wirklich der Fall ist, lässt sich theoretisch nicht übersehen,
da alle möglichen Complicationen hinzukommeu können. Gewöhnlich
pflegt die Umgebung eines Flecks oder eine Fleckengruppe viel dichter
mit Fackeln besetzt zu sein, als andere Stellen der Photosphäre, und
die von diesen Gebilden ausgehende, zweifellos stärkere Strahlung kann
möglicherweise den Defect von den Flecken ersetzen oder sogar über-
compensiren. Ferner ist zu bedenken, dass die Flecke doch nur
Aeusserungen eines inneren Vorgangs von wechselnder Stärke sind,
der ausser diesen sichtbaren Folgen noch andere, weniger auffallende
nach sich ziehen kann. Es ist durchaus nicht undenkbar, dass zu den
Zeiten starker Fleckenbildung die mittlere Temperatur der ganzen Photo
sphäre höher oder niedriger ist als zu den fleckenarmen Zeiten und