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Scheiner, Strahlung und Temperatur der Sonne.
andrerseits ist es gelungen, Wärmewellen zu beobachten, deren Länge
bis an den zehnten Tlieil des Millimeters lieranreichen, so dass es nicht
mehr fraglich erscheint, dass ein continuirlicher Uebergang zwischen
Wärme- und elektrischen Wellen statttindet; es ist auch nicht ausge
schlossen, dass wie bei den übrigen Strahlungsgebieten auch hier beide
Wirkungsarten über einander greifen.
Hiernach und in Uebereinstimmung mit der elektromagnetischen
Lichttheorie ist es vorstellbar, dass jeder warme Körper auch elektrische
Wellen aussendet, obgleich dies nicht durchaus so sein muss, da
ja vielleicht für alle Körper das Emissionsvermögen für die in Frage
tretenden langen Wellen Null sein kann; dass es jedenfalls nicht be
deutend ist, geht daraus hervor, dass es bisher nicht gelungen ist, im La
boratorium in der Strahlung glühender Körper elektrodynamische Wellen
nachzuweisen.
Directe Versuche, elektrodynamische Wellen in der Sonnenstrahlung
aufzutinden, sind bisher nur von WiIsing und mir angestellt worden.
Wir benutzten hierzu ein äusserst empfindliches Verfahren, welches im
Princip übereinstimmt mit der Benutzung der sogenannten Frittröhren
in der Wellentelegraphie, nur verwendeten wir nicht viele Contacte, wie
sie durch zerkleinerte Metallstückchen gegeben sind, sondern einen ein
zigen oder höchstens zwei Contacte zwischen polirten Strahldrähten, wo
durch die Empfindlichkeit noch ganz ausserordentlich gesteigert wird.
Die Nachweisung der elektrischen Wellen beruht auf folgendem Vor
gänge: Wenn man zwei leichte, polirte Metallstückchen lose auf einander
legt, so findet für gewöhnlich eine directe metallische Berührung nicht
statt, wohl infolge äusserst geringer dazwischen liegender Theilchen von
Fett, Staub, vielleicht auch adhärirender Gase. Für nicht allzu starke
elektrische Ströme bietet daher eine solche Berührungsstelle einen
ausserordentlich hohen Widerstand. Jede schwächste elektrische Welle
erzeugt nun an der Berührungsstelle einen minimalen, nur unter dem
Mikroskope erkennbaren Funken, der die beiden Metalle zusammen
schmilzt, so dass nunmehr der galvanische Strom geschlossen wird und
in einem Galvanometer das Eintreffen der elektrischen Wellen anzeigt.
Ein leichter Stoss genügt alsdann, die Metallstückchen wieder aus ein
ander zu reissen und die Unterbrechung des Stromes wieder herbei zu
führen, wodurch der Apparat in den Stand gesetzt ist, einen neuen
Wellenzug anzuzeigen.
Bei den Versuchen wurde zunächst eine solche Berührungsstelle der
Sonnenstrahlung ausgesetzt, nachdem die letztere durch Zwischenschal
tung von Papierschirmen von den Wärmestrahlen befreit war, die ihrer
seits infolge der molekularen Veränderungen der Metalloberflächen durch