Full text: Gesammelte Werke (1. Band)

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Abhandlungen. 
Ich will das Hauptsächlichste, was Toaldo über diese Wirkung des 
Mondes auf die Witterung gefunden zu haben glaubt, hier kurz angeben. 
Er zählt zehn merkwürdige Stellungen des Mondes, die er Mondpunkte 
nennt. Vier davon sind: Neumond, Vollmond, erstes und letztes Viertel; 
zwei andere: Erdnähe und Erdferne; noch vier andere: nördlicher und 
südlicher Durchgang des Mondes durch den Aequator, und nördliche und 
südliche Mondswende oder grösste Abweichung des Mondes von dem 
Aequator. Jeder Mondpunkt ändert der Regel nach das Wetter, das der 
vorhergehende hervorgebracht hat. Das Zusammentreffen mehrerer Mond 
punkte, die sich wegen der ungleichen Dauer ihrer Perioden oft kombiniren, 
verstärkt die Wirkungen; besonders ist das Zusammentreffen des Neu 
mondes und ganz vorzüglich des Vollmondes mit der Erdnähe von grossem 
Einflüsse und verursacht gewöhnlich Sturm und Ungewitter. Zwar ändert 
jeder Mondpunkt die Witterung, doch neigen sich einige mehr zum guten, 
andere zum schlechten Wetter. Zum schlechten geben Erdnähe, Neu- 
und Vollmonde, Durchgänge durch den Aequator und die nördliche Monds 
wende, zum guten die Erdferne, die Quadraturen und die südliche Monds 
wende mehr Veranlassung. 
Wenn ich nun gleich nicht leugnen will und nicht leugnen kann, 
dass diese, aus der Erfahrung geschöpften Resultate für das Klima von 
Italien etwas Wahres haben mögen, so giebt Toaldo doch selbst so 
viele Ausnahmen zu, dass man den Einfluss des Mondes immer nur für 
sehr gering wird halten müssen. Auf unser, viel grösseren und öfteren 
Veränderungen unterworfenes Klima wollen sie gar nicht zutreffen, wie 
mich langjährige Erfahrung belehrt hat. So traf am 7. December 1813 
der Vollmond mit der Erdnähe zusammen, und zwei Tage darauf war 
die nördliche Mondswende, also sollte nach Toaldo’s Grundsätzen hier 
die allerstärkste Mondswirkung eingetreten sein; allein diese so sehr 
kombinirten Mondpunkte gingen ohne merkbare Veränderung des Wetters 
vorüber. 
Da nun die Einwirkung des Mondes auf die Atmosphäre so klein 
ist, dass sie sich unter den unendlich vielen anderen Kräften und 
Ursachen, die das Gleichgewicht in unserer beweglichen Atmosphäre 
stören und also die Witterung verändern können, völlig verliert, so 
werden wir auch mit gerechtem Misstrauen schon im Voraus dasjenige 
bezweifeln, was von dem angeblichen Einfluss desselben auf Menschen, 
Thiere und Pflanzen behauptet und geglaubt worden ist. Wirklich 
beruht wenigstens bei weitem das meiste auf Wahn und Vorurtheil. 
Einige Erscheinungen beim gesunden Menschen treffen offenbar in 
der Dauer ihrer Perioden nur höchst zufällig und beiläufig mit den 
Umlaufszeiten des Mondes überein, und eben desswegen kann man 
hierbei keine Einwirkung des Mondes anerkennen. Eben so wenig
	        
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