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Abhandlungen.
sich gesehen habe als unten im Thal. Aber bisher 1 ) war noch nichts
Bestimmtes über den wirklichen Abstand der Sternschnuppen von der
Oberfläche der Erde und über die Bahnen, die Geschwindigkeit und die
Grösse derselben bekannt. Zwei damals junge, in Göttingen studirende,
später so berühmte Männer, der nachmals als Professor der Physik in
Leipzig verstorbene Beandes und der noch lebende Professor Benzenbeeg-
in Düsseldorf, voll enthusiastischen Eifers für die Naturkunde, unternahmen
das mühsame, aber höchst verdienstliche Geschäft, etwas Gewisses da
rüber durch Beobachtungen herauszubringen. Nach einem sehr ver
ständigen Plane wählten sie zuerst eine Standlinie von 27 000 Pariser
Fuss zwischen Clausberg und Ellershausen, die sie bald mit einer
grösseren von 46 000 Fuss zwischen Clausberg und Sesebühl bei Drans
feld vertauschten, brachten ihre Uhren in Uebereinstimmung, und be
obachteten nun Jeder an einem Ende der Standlinie, auf dem Rücken
liegend, die Bahnen aller ihnen sichtbar werdenden Sternschnuppen, die
Jeder mit Bemerkung der Zeit unmittelbar in eine Sternkarte einzeich
nete. Aus der Uebereinstimmung der Zeiten und übrigen Umstände
Hessen sich leicht diejenigen Sternschnuppen erkennen, die Beide zugleich
beobachtet hatten, und aus den Unterschieden der eingezeichneten Bahnen,
die Parallaxen, mithin die Abstände, Höhen und Längen der Bahnen
derselben berechnen. So brachten sie in sechs heiteren Nächten zwischen
dem 11. September und 4. November 1798, in welchen beiden Beobach
tern zusammen genommen 402 Sternschnuppen sichtbar waren, 22 über
einstimmende Beobachtungen heraus, aus denen sich die Höhen der
verschwindenden Sternschnuppen über der Oberfläche der Erde berech
nen Hessen. Die kleinste dieser Höhen war 1,4 Meilen, in allem sieben
unter 10, neun zwischen 10 und 20, sechs über 20, die grösste noch über
30 Meilen. Nur von vier Hess sich die ganze Bahn und daraus die
Geschwindigkeit ihrer Bewegung von 4 1 / 2 bis 6 Meilen in der Sekunde
berechnen. Merkwürdig war noch, dass wenigstens eine, die am 6. Ok
tober als No. 12 beobachtete, nicht niederwärts, sondern von der Erde
aufwärts ging. 2 )
Auf diese Art erhielt man dann zuerst eine bestimmte Idee von der
Höhe, dem Abstande und der geschwinden Bewegung dieser sonderbaren
Meteore, womit auch ihre völlige Aehnlichkeit mit den Feuerkugeln
erwiesen hervortrat. Beide eben genannte Gelehrte haben fortwährend
die Sternschnuppen zum Gegenstand ihrer Forschungen gemacht; aber
9 Bis 1798.
2 ) Brandes’ und Benzenberg’s Versuch, die Entfernung-, Geschwindigkeit und
Bahn der Sternschnuppen zu bestimmen. Hamburg 1800. — Benzenberg, Ueber die
Bestimmung der geographischen Länge durch Sternschnuppen. Hamburg 1802.