Full text: Gesammelte Werke (1. Band)

57. Ueber den Schweif des grossen Kometen von 1811. 
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Erfahrung- zu erhellen, dass eine Verschiedenheit unter den Kometen 
Statt findet. Es giebt: 
1. Kometen, bei denen sich keine Materien oder Stoffe entwickeln, 
auf welche die Sonne eine Repulsivkraft äussert, schweiflose Kometen. 
Auch bei der vortheilhaftesten Lage gegen Erde und Sonne zeigt sich 
bei diesem nichts von einem Schweife. Soviel mich bisher Erfahrung 
hat belehren können, sind dies die Kometen ohne festen Kern, die ganz 
aus einer Dunstmasse zu bestehen scheinen. 
2. Kometen, bei denen blos eine Repulsivkraft der Sonne, keine 
des Kometenkerns zu bemerken ist, z. B. der Komet von 1807. Bei 
diesem war durchaus auf der der Sonne zugekehrten Seite keine Schweif 
materie zu bemerken: ja im Oktober 1807 war dieser Theil der Kometen 
atmosphäre so äusserst dünn und durchsichtig, dass man ihn kaum im 
Fernrohr wahrnehmen konnte. 
3. Kometen, wie der jetzige, bei denen sowohl eine Repulsivkraft 
der Sonne, als des Kometenkerns selbst in der Schweifbildung wirksam 
ist. Ohne Bedenken werde ich dazu die Kometen von 1665, 1680, 1682, 
1744 und 1769, ja alle die Kometen rechnen, bei denen man in der 
Mitte des Schweifes eine breite dunkle Bande wahrgenommen hat. Man 
hat diese oft bemerkte dunkle Bande sehr unbedachtsam für einen 
Schatten des Kometenkerns erklären wollen, was sie durchaus nicht 
sein kann. Man darf nur an die Grösse der Sonne und die Kleinheit 
der Kometenkerne denken, um diese Schattenhypothese völlig zu ver 
werfen. Diese dunkle Bande deutet nothwendig auf einen ähnlichen 
hohlen Konoiden von Schweifmaterie, wie bei unserem Kometen. 
Merkwürdig ist es hierbei, dass sich von manchen Kometen bei 
ihrer Annäherung zur Sonne verschiedenartige Stoffe entwickeln, auf 
die sowohl die Repulsivkraft der Sonne, als die des Kometen selbst 
specifisch verschieden wirkt. Was die Sonne betrifft, so erhellet dies 
deutlich aus den Kometen mit doppelten oder gar vielfachen Schweifen. 
Bei dem Kometen von 1807 war dies unter anderem sehr überzeugend 
darzuthun. Der gerade längere Schweif musste nothwendig aus Theil- 
chen bestehen, die ungleich stärker von der Sonne fortgestossen wurden, 
als die Stoffe, die den gekrümmten Schweif bildeten. Die Krümmung 
der Kometenschweife und ihre Abweichung von der durch die Sonne 
und den Mittelpunkt des Kometen gezogenen geraden Linie hängt unter 
übrigens gleichen Umständen von dem Verhältniss der Geschwindigkeit, 
womit diese Schweifmaterie von der Sonne fortgestossen wird, zu der 
Geschwindigkeit des Kometen selbst ab. Je langsamer der Schweifstoff 
aufsteigt, um so grösser ist jene Abweichung, um so stärker die Krüm 
mung. Die Geschwindigkeit der Theilchen, die den geraden Schweif 
bildeten, musste also ganz ungleich grösser sein.
	        
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