57. Lieber den Schweif des grossen Kometen von 1811.
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mittlere Entfernung der Erde von der Sonne =1,00 gesetzt. Bei der
ungemein heiteren Luft des so stürmischen 13. Oktober waren mir noch
Theile erkennbar, die von der Erde 1,75, von der Sonne 1,79 abstanden.
Allerdings trägt die grössere Entfernung von Sonne und Erde sehr viel
dazu bei, diese äussersten Theile des Schweifes weniger hell und weniger
sichtbar zu machen. Allein die dem Kopf des Kometen benachbarten
Theile des Schweifes sind doch in weit grösserem Abstande von Erde
und Sonne noch sehr augenfällig. Die Hauptursache des Unsichtbar
werdens der äussersten Schweiftheile muss also in der geringeren Dichtig
keit, der grösseren Zerstreuung dieser Theile liegen.
Es wäre ein Problem, eines grossen Geometers nicht unwürdig,
die Figur des Kometenschweifes nach der Theorie zu bestimmen. Ehe
indessen die Auflösung dieses Problems möglich oder nützlich werden
kann, muss von den praktischen Astronomen noch viel vorgearbeitet
werden. Nimmt man an, dass die Repulsivkraft der Sonne umgekehrt
wie das Quadrat des Abstandes von ihr abnimmt, und abstrahirt ganz
von den anziehenden und abstossenden Kräften des Kometenkerns, so
wird jedes Dunstpartikelclien eine gegen die Sonne konvexe Hyperbel
beschreiben, in deren entfernterem Fokus die Sonne liegt. Diese Hy
perbel hat nun mit der Bahn des Kometen an dem Punkte, wo das
Schweiftheilchen den Kometen verlässt, eine gemeinschaftliche Tangente,
und die tangentielle Geschwindigkeit des Dunstpartikelchens ist der
des Kometen in diesem Punkte seiner Bahn gleich. Leicht würde sich
hieraus die Bahn jedes Dunstpartikelchens berechnen und für jede Zeit
der Ort desselben angeben lassen, wenn das absolute Maass der Kepulsiv
kraft der Sonne für irgend einen bestimmten Abstand bekannt wäre.
Ich habe oben schon erwähnt und wie ich glaube erwiesen, dass diese
Repulsivkraft der Sonne auf verschiedenartige, sich von demselben
Kometen entwickelnde Stoffe specifisch verschieden wirksam ist. Könnte
sie denn nicht vielleicht auch auf einen Kometen überhaupt anders ein
wirken, als auf einen anderen? Dies wird es sehr schwierig machen,
das Maass dieser Kepulsivkraft zu finden, und es gehören gewiss noch
viele sorgfältige Beobachtungen über Kometenschweife dazu, hierin etwas
Gewisses oder auch nur Wahrscheinliches festzusetzen. 1 ) Dann werden
noch die perturbirenden Centralkräfte, die der Komet selbst auf die
von ihm ausströmenden Dünste äussert, und die hauptsächlich die Ge
stalt des Kometenschweifes bestimmen, mit in Rechnung gezogen werden
müssen, und die Auflösung jenes Problems nicht wenig erschweren.
x ) Es dürfte sich indessen schon der Mühe verlohnen, die vorhandenen Beobach
tungen über Kometenschweife näher zu untersuchen. Man findet viele zu dieser
Untersuchung brauchbare Beobachtungen bei Tyciio, Hevel, Newton, De Cheseaux,
Messiee u. a. m.