Full text: Gesammelte Werke (1. Band)

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Fixsterne, Nebelflecke, Sternschnuppen, Sonne und Mond. 
Weidler’s von Ihnen so sehr verlangte Dissertation habe auch ich 
bisher zu sehen keine Gelegenheit gehabt. Was ich übrigens von 
diesem sogenannten Ludwigs-Stern weiss, will ich kürzlich angeben. 
Dr. Liebknecht hatte wahrscheinlich den Himmel noch nicht oft mit 
Fernrohren betrachtet, als er am 2. December 1722 von ungefähr mit 
seinem sechsfüssigen, ich glaube sehr mittelmässigen Fernrohr, £ TJrsae 
maj. ansah. Wie er hier einen Stern achter Grösse noch näher bei £ 
fand, als Alcor diesem Stern steht, hielt er seinen Fund für etwas 
Ungewöhnliches und für einen neuen Stern. Sonst, glaubte er, würde 
er dieses (teleskopischen) Sterns schon von anderen Astronomen erwähnt 
gefunden haben, und die Fehler seiner mangelhaften Messungen Hessen 
ihn gar eine eigene Bewegung dieses Sterns vermuthen. Er machte 
also viel Lärm von seiner angeblichen Entdeckung, nannte den Stern 
Stella Ludoviciana und schickte die von Ihnen angeführte Epistel an 
alle berühmten Astronomen Europens. 
Wole und Hartsoeker antworteten höflich, lobten und empfahlen 
nur überhaupt Aufmerksamkeit auf alle Erscheinungen am Himmel, ent 
hielten sich aber behutsam jedes speciellen Urtheils über Liebknecht’s 
vorgebliche Entdeckung. Zumbach von Kosfeld, damaliger Astronom 
zu Kassel, trug mit freundschaftlicher Bescheidenheit seine Zweifel vor, 
erinnerte auch besonders, dass Liebknecht den Abstand des Alcor 
von £ zu 9' 5" viel zu klein angenommen habe; denn selbst nach 
Hevel’s angegebenen Längen und Breiten beider Sterne musste diese 
Distanz = 11' 8" sein. Weidler erklärte sich bestimmter. Er betrach 
tete den sogenannten Ludwigs-Stern mit einem Fernrohr von 22 Fuss 
den 15., 16., 20. und 22. Februar 1723 und fand ihn völlig als einen 
gewöhnlichen teleskopischen Stern ohne alle eigene Bewegung. Am 
kräftigsten sprach Ludw. Phil. Thümmig im dritten Stück seines „Versuchs 
einer gründlichen Erläuterung der merkwürdigsten Begebenheiten in 
der Natur“ (von diesem Versuch u. s. w. ist 1735 zu Marburg eine 
neue Auflage herausgekommen, die ich vor mir habe), wo unter No. XXVII 
eine eigene Abhandlung „Von dem neuen Stern, den Dr. Liebknecht 
entdeckt haben will“ eingerückt ist. Thümmig zeigt wirklich sehr 
gründlich in dieser gut geschriebenen kleinen Abhandlung, dass der 
sogenannte Ludwigs-Stern, den er selbst mit einem achtfüssigen eng 
lischen Fernrohr wiederholt betrachtet habe, ein gewöhnlicher tele- 
skopischer Stern sei, und dass man nicht jeden teleskopischen Stern 
für einen neuen ausgeben und mit einem eigenen Namen bezeichnen 
müsse. Da bei der Recension dieser in ihren Ausdrücken sehr lebhaften 
Abhandlung in den Leipziger Actis Eruditorum gleichfalls ernsthaft 
über das Ludwigsgestirn abgeurtheilt wurde, so tliat dies alles dem 
Professor Liebknecht sehr wehe, er gerieth in Hitze und in vollem
	        
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