156. Schreiben, die Beobachtung eines Sternes in der Jungfrau betreffend. 527
Man sieht, dass diese Nachricht sehr mangelhaft und unbestimmt
ist. Nicht einmal das Datum der beiden Beobachtungen wird angegeben,
so wenig als über die Distanz der beiden Sterne in der ersten Beob
achtung, und wie genau diese Bestimmung war, etwas gesagt wird. Auch
bleibt es zweifelhaft, ob die 10" Fortrückung in Al Zeit- oder Bogen-
Sekunden waren, vermuthlich wohl das erste. Herr Cacciatore wird
sich über dies alles noch genauer zu erklären haben.
Unbegreiflich bleibt es, dass Cacciatore einen ihm so merkwürdigen
Stern nicht auch ausser dem Meridian aufsuchte, der als ein Stern 7.,
8. Grösse leicht aufzufinden sein musste, und den er demnach bis zum
August hätte beobachten können. Doch sein Vorgänger Piazzi hatte
dasselbe bei der Ceres versäumt. Die Beobachtungen wurden 1801, den
15. Februar, aufgegeben, die sich ausser dem Meridian noch bis zum
April hätten fortsetzen lassen.
Für einen Kometen jenseits des Uranus wird wohl Niemand einen
Weltkörper halten, der sich als ein Fixstern 7., 8. Grösse zeigt. Wenn
Herr Cacciatore sich nicht getäuscht hat, und dies ist von diesem
berühmten Astronomen nicht zu erwarten, so ist hier vielmehr ein
neuer Planet zu vermuthen; und vielleicht dürfte man dann, wegen
seiner so langsamen Bewegung, auf einen Planeten jenseits des Uranus
rathen, den bekanntlich Bouvard und einige andere Astronomen schon
längst vermuthet haben. Ich sage vielleicht: denn es könnte auch ein
der Sonne viel näherer Asteroide sein, der eben nach seinem Stillstände
sich noch sehr langsam wieder vorwärts bewegte.
Indessen verdient es doch wohl gewiss eine Untersuchung, ob dies
ein solcher Planet jenseits des Uranus war, und diese Untersuchung
ist sehr leicht. War es nämlich ein solcher, so kann er sich jetzt,
nach der Proportion, die die Abstände der Planeten von der Sonne
nach unseren bisherigen Erfahrungen haben, nur höchstens 3 0 östlich
und etwas nördlich von No. 503 Mayeri entfernt befinden, und muss noch
mehr die Lichtstärke eines Sterns 7., 8. Grösse haben. Es ist also nur
mit einem Kometensucher nachzusehen, ob sich in dieser Himmels
gegend ein solcher, vorher nicht dagewesener Stern zeigt. Dies wird
dadurch sehr erleichtert, dass wir unter den von der Berliner Akademie
besorgten Sternkarten schon die 12. Stunde von Steinheil gezeichnet
haben, diese Karte also nur mit dem Himmel verglichen zu werden
braucht.
Da die bezeichnete Sterngegend jetzt in sehr bequemen Abend
stunden sichtbar ist, so möchte ich Sie auffordern, diese Untersuchung
baldmöglichst zu unternehmen und den Raum nordöstlich von XII, 17
Piazzi oder 503 Mayeri auf mehrere Grade sorgfältig zu durchspähen.
Gelingt es, den verdächtigen Fremdling aufzufinden, so ist eine sehr