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Anhang - . Abhandlungen medicinischen Inhalts.
Zusammenkunft konnte für mich nicht anders als traurig, und für sie
vielleicht gefährlich werden, die sie nothwendig lebhaft an den Verlust,
den wir beweinten, erinnern musste.
Indessen fuhr Herr Dr. Wienholt fort, mit mir von Zeit zu Zeit
über die Krankheit zu sprechen, und unternahm das Magnetisiren mit
meiner Bewilligung. Ich war es, der Herrn Dr. Wienholt rieth, ihre
Einbildungskraft in Bewegung zu setzen, weil ich damals keine physische
Wirkung vom Magnetisiren erwartete, und mit Herrn Marcard glaubte,
etwas Gutes zu tliun, wenn ich diese zwänge, zur Wiederherstellung der
Gesundheit ihre grossen Kräfte zu leihen. Bios nämlich aus der Ein
bildungskraft glaubte ich mit den Pariser Kommissarien die vielen, doch
nicht zu leugnenden glücklichen Kuren Mesmer’s und anderer Magne-
tisten erklären zu müssen. Und was konnte hier für Nachtheil daraus
entstehen? In der That, wenn man hier mit, ich weiss nicht was für
Gefahren droht, so giebt man dem, was ich auf die Einbildungskraft
wirken nenne, einen Sinn, den ich nie darunter verstanden habe. Es
sollten ja keine chimärischen Erwartungen von Wundern, Inspirationen
und Visionen bei ihr erregt werden, sondern sie sollte nur das als gewiss
ansehen, woran ich jetzt selbst gar nicht zweifle, nämlich dass im
Magnetisiren eine grosse wirksame Kraft gegen ihre Krankheit läge.
Deswegen rieth ich, ihr einige Schriften zu geben, die mir zu diesem
Zweck am dienlichsten schienen, und war selbst nicht abgeneigt, den
ganzen Apparat anzurathen, der unter Mesmer’s Händen eine so gute
Wirkung auf viele ähnliche Kranke gehabt hatte. Ich glaubte damals,
dass dies Alles von Herrn Dr. Wienholt zum Theil geschehen sei, und
habe es dem Herrn Pastor Nicolai und auch mehreren so erzählt.
Allein ich weiss nun, dass Herr Dr. Wienholt nicht nöthig fand, meinen
Rath zu befolgen, und dass er selbst absichtlich nichts dazu beigetragen
habe, ihre Einbildungskraft in Bewegung zu setzen. Auch Herrn
Dr. Bicker’s Irrthum in diesem Punkte, den er nachher widerrief, rührte
aus meiner unrichtigen Erzählung her. Dass aber in jenem Briefe,
wozu sich Herr Pastor Nicolai als Verfasser angiebt, gesagt wird, Herr
Dr. Wienholt habe fortgefahren nach seiner Hamburger Reise auf die
Einbildungskraft der Patientin zu wirken, dies ist eine Unrichtigkeit
des Protokolls, zu der ich keine Gelegenheit gegeben habe.
Dies ist es, was ich über meine Unterredung mit dem Herrn Pastor
Nicolai zu sagen habe. Nur in einem einzigen Punkt bin ich Schuld,
dass er auf eine falsche Thatsache sein Räsonnement gründete, alles
Uebrige, was Herr Dr. Wienholt als irrig in seinem Briefe rügt, ist
entweder Missverstand von des Herrn Pastors Seite, oder er hat auch
zugleich g,us anderen Quellen geschöpft, für deren Lauterkeit ich wahr
lich nicht haften will.