Full text: Denkmale der Baukunst des Mittelalters in den Fürstlich Schwarzburg'schen Landen (1. Abtheilung, 1. Band, 4. Heft)

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Giebelmauer, in der sie stehen, ist weit minder dick als deren Untertheii, worin sich das Hauptportal 
befindet (s. Bl. 14 b Durchschnitt q)\ wenn mithin, obiger Annahme zu Folge, das Portal ius Freie 
ging, bevor noch die Vorhalle stand, so muss es mit einem Giebel oder einer anderen Abdachung 
versehen gewesen seyn. — Die Tliiir, welche in dem Obergeschosse in der südlichen Wand angebracht 
ist, führte vielleicht nach einer Wendeltreppe, welche hier aus diesem Obergeschosse in die Vorhalle 
herabging; man findet wenigstens im Erdgeschosse auf dieser Stelle Spuren einer Treppe. 
Die Vorhalle erhält dadurch eine grosse Breite, dass auf der Süd- und Nordseite noch Räume 
sind, in die man durch die Zwischenräume der Pfeiler gelangt, und welche durch die Umfassungs 
mauern e, /*, <¡r, ly m ? n (Bl. 14“ M.) begräntzt werden; wogegen der Raum über der Vorhalle nur 
in der Breite bis zu den Pfeilern reicht, und durch die auf Letzteren ruhenden Mauern eingeschlossen 
wird. Daher hatte also die Vorhalle niedrigere Nebenscbiffe. In der Zeit des sogenannten gothi- 
schen Baustyles ist, wie mau an der noch stehenden südlichen Seitenlialle bemerkt, manche Verände 
rung hier gemacht, namentlich ein Spitzbogengewölbe eingezogen worden (s. Bl. 14“ M. x, ?/); ver- 
muthlich hatte man hier später Kapellen mit Altären angelegt; auch findet man noch Spuren, 
dass eine Kantzel hier gestanden haben möge. Diese könnte sich aber auch aus der Zeit herschreiben, 
wo in der Vorhalle im J. 1682 eine Kapelle angelegt worden war (Vergl. S. 7 ). — Die Einrich 
tung einer so geräumigen Vorhalle, als wir sie hier gantz abweichend von den meisten deutschen Kir 
chen 1 ) finden, hat ihren Grund (wie Kugler bereits bemerkt,) in der Einrichtung der alten Basiliken, 
wo dergleichen Räume für diejenigen angelegt waren, welche entweder noch nicht in die kirchliche 
Gemeinschaft aufgenommen, oder für längere oder kürtzere Zeit davon ausgeschlossen worden waren.' 2 ) 
Das Hauptportal der Kirche bietet einen vorzüglichen Gegenstand näherer Betrachtung dar. 
Dessen Zusammenhang mit der Vorhalle und dem Schifte der Kirche ersieht man am deutlichsten aus 
Bl. 11, 14“ Figur M. ff, die Details aber aus Figur H. a, ß, £, o, cp, ip, und Figur K. F. A. 
B. C. L. desselben Blattes, sowie aus f, l, Bl. 14 b . Dieses Portal nimmt die gantze Breite der 
Vorhalle, und eben so des dahinterliegenden Mittelschiffes der Kirche ein, und macht einen imposan 
ten Eindruck. Vier hohe nach der Eingangsthüre stufenweise zurücktretende Säulen auf jeder Seite, 
mit einfachen aber doch nicht ohne Schmuck gelassenen Wiirfelkapitälen, über denen sich mannichfaltigc 
Gliederungen im Rundbogen herumziehen und den oben halbrunden, unten wagerechten Thürsturtz einfas 
sen, auf welchem ein (jetzt fast gäntzlich verloschenes) Gemälde der Madonna mit zwei Engeln (oder 
vielleicht mit den anderen Schutzpatronen, Johannes der Täufer und der Evangelist) dargestellt ist, 
1) Die Kirche von Thal-Bürgel hatte, wie ich später bei deren Beschreibung beweisen werde, eine ähnliche 
grosse Vorhalle, eben so der Dom zu Merseburg (vergl. meine „Denkmale d. Bauk. d. Mittelalt. in 
Sachsen,“ Abth. II. Lief. 1, 2. Grundriss Bl. 9), obgleich Letztere, wenn auch ursprünglich wohl vorhanden, 
dennoch grosse Veränderungen in den folgenden Jahrhunderten erfahren hat. 
2) In den, ihrer Anlage nach aus K. Constantin’s und seiner nächsten Nachfolger Zeiten herrührenden Basiliken 
Rom’s finden wir dergleichen Vorhallen allgemein, z. B. in S. Clemente, S. Prassede, S. Lorenzo, S. Agnese, 
S. Nereo e Achilleo, S. Giovani in Laterano, S. Vincenzo alle tre Fontane, S. Maria Maggiore, S. Paolo, 
S. Martino, S. Croce in Gerusalemme, S. Pietro in vinculis, ferner in Cordova in Spanien, u. s. w. vergl. 
Gutensohn und Knap, Denkm. d. christi. Baukunst oder Basiliken Rom’s, 1822, Heft I. Bl. 1, 3. 
Heft II. Bl. 1, 3, 6. Heft III. Bl. I, 5, 6. Heft IV. Bl. 1, 4, 6, 7. Heft V. Bl. 1, 4. D’Agincourt, 
Hist, de l’art etc. Architecture, PI. XIV, XVI, XXI, XXV, XXVII, XXVIII, XL1V, LXXIU. 
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