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Der Kriegszustand — Änderung des Arbeitsplanes. 27
Engländer und Russen gemeldet wurde. Mi et he, nicht militärpflichtig, sollte mit den
Mechanikern, von denen der eine noch ungedient, der andere untauglich war, in jedem
Falle in Sandnessjöen bleiben, um ein wenn auch noch so beschränktes Programm durch
zuführen. Seegert, ebenfalls dienstuntauglich, sollte vorerst in Sandnessjöen bleiben, ein
Beschluß, der gefaßt wurde, nachdem v. Nieber sich bereit erklärt hatte, bei seiner
Ankunft in Berlin festzustellen, ob Seegert für irgendeinen militärtechnischen Zweck Ver
wendung finden könnte. In diesem Falle sollte er telegraphisch heimberufen werden.
Jaeckel entschloß sich, da er als Landstürmer zunächst wahrscheinlich wegen vorge
schrittenen Alters nicht einberufen würde, ebenfalls zu bleiben. Auf den Rat des Expe
ditionsleiters änderte er aber seinen Entschluß mit Rücksicht auf die damals sehr nahe
liegende Möglichkeit, daß die Ostsee bald dauernd gesperrt und dann die Heimreise bis zum
Schluß des Krieges abgesclmitten sein würde und reiste am 4. August ebenfalls über Kristiania
nach Deutschland.
Das wegen der schleunigen Abreise von vier Teilnehmern vollkommen zu ändernde Beob
achtungsprogramm konnte in der gemeinsamen Beratung nicht endgültig festgesetzt werden,
denn zunächst blieb die wichtige Frage noch offen, ob Goller unter den obwaltenden Ver
hältnissen mit den noch fehlenden Apparatenteilen Hamburg noch verlassen konnte, oder ob
er zurückgerufen und sein Gepäck in Deutschland geblieben war. Davon hing naturgemäß
jeder weitere Entschluß ab. Eine Gewißheit über das Schicksal des Hamburger Dampfers
war vorerst nicht zu erlangen. Die Dampferexpedition erfuhr selbst darüber nichts, und Tele
gramme konnten weder gesandt noch empfangen werden. Vereinbart wurde aber schließlich,
die verfügbaren geringen Kräfte nicht zu zersplittern und die schwierige und zeitraubende
Aufstellung des Linsenspiegels, der zudem zur Benutzung mindestens zwei geschulte Beobachter
gebraucht hätte, zu unterlassen. Ferner sollte, bis die Frage nach Goller zur Entscheidung
gelangte, nur an der Fertigstellung derjenigen Instrumente gearbeitet werden, deren Teile
sämtlich zur Stelle waren.
Die Abreise unserer Kameraden erfolgte mit dem Schnelldampfer am 2. August abends,
der mit flüchtenden Nordlandsreisenden überfüllt war. Wir Zurückbleibenden waren ebenso
bewegt, wie die Heimreisenden, die für uns Briefe sowie dienstliche Berichte an das Vorgesetzte
Ministerium nach Deutschland mitnahmen, in denen die Lage der Expedition auseinander
gesetzt und die Erlaubnis für Miethe und Seegert erbeten wurde, im Falle einer verhinderten
Rückreise entweder über Winter in Kristiania zu bleiben, oder mit den beiden Astrokameras
stereoskopische Nordlichtaufnahmen auf gemessener Basis in Tromsö oder Lyngen über Winter
vorzunehmen.
Die politischen Nachrichten, die in den nächsten Tagen einliefen, waren wenig ermutigend.
Zwar konnte aus denselben eine rührige Tätigkeit der Deutschen auf den mitteleuropäischen
Kriegsschauplätzen erkannt werden. Andererseits brachten englische Meldungen zugleich mit
der Mitteilung der Kriegserklärung Englands an Deutschland Nachrichten von einer Seeschlacht
auf der Doggerbank, bei welcher 31 deutsche Kriegsschiffe vernichtet seien, Schilderungen
einer furchtbaren Niederlage der Deutschen bei Metz, erfolgloser, mit entsetzlichen Verlusten
verknüpfter Berennung von Lüttich, deutscher Unternehmungen gegen Archangel und Kron
stadt, sozialistischer Revolution in Berlin, Erschießung des Abgeordneten Liebknecht, vom
Tod des Kronprinzen und vieles andere. Deutsche Nachrichten drangen vorerst nicht zu uns,
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