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Der Finsternistag.
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fast 120° im Laufe von etwa 20 Sekunden 1 ). Während der dritten Exposition an der von ihm
bedienten Kamera wurden auffällige Erscheinungen nicht beobachtet, eine Bewegung in der
Korona war nicht sichtbar.
Die allgemeine Helligkeit des Himmels war eine unerwartet große. Es war zwecks
schnelleren Einsetzens der Wechselkassetten eine Laterne etwa 1 m von dem Kassettenende
der großen Kamera aufgehängt. Ihr Licht erleichterte zwar das Kassetteneinsetzen, schien
aber nicht erheblich, so daß man die Helligkeit der Beleuchtung ungefähr gleich der anschlagen
kann, die um den Schluß des ersten Purpurlichtes herum zu herrschen pflegt. An Sternen hat
Miethe nicht viel in der kurzen Zeit sehen können. Den Regulus erblickte er nur ganz schwach,
dagegen stand noch Minuten nach der Totalität Venus etwa 10° über dem Osthorizont als leuch
tender Stern, so daß er das außen versammelte Publikum nach der Totalität auf dieses Phänomen
aufmerksam machen konnte. Der Schluß der Totalität wurde von ihm l h 6 m 57 s beobachtet.
Die Dauer der Finsternis war somit kürzer als nach der Vorausberechnung anzunehmen. Der
sich beim Schluß der Totalität bildende Perlkranz war wiederum schneeweiß, und mit bloßem
Auge waren keine Protuberanzen sichtbar. — Die Länge des über die Korona hinwandernden
dunklen Streifens wurde zu 30' außerhalb des Sonnenrandes geschätzt.
Der Luftzustand, der vor der Totalität ein ungewöhnlich guter gewesen war — ab
gesehen von gelegentlichen ganz kleinen Schwirrungen waren die Bilder im Fernrohre voll
ständig ruhig —, war kurz vor und bis etwa 10 Minuten nach der Totalität ein sehr viel
ungünstigerer. Die schmale Sichel der wieder auftauchenden Sonne erschien wallend, aber
scharf begrenzt, die Spitzen der Sichel bewegt, ein Beweis dafür, daß im Moment der
Finsternis starke thermische Störungen in der Atmosphäre, die vorher nicht vorhanden
waren, auftraten. Die meteorologischen Beobachtungen ergaben keinen merkbaren Einfluß
des Vorganges auf die meteorologischen Elemente, abgesehen von der Temperatur. Der
Wind, der schon um 11 y 2 Uhr stark abgeflaut war und nur noch etwa 2 Sekundenmeter Ge
schwindigkeit besaß, nahm bei der Finsternis nicht zu, im Gegenteil, er flaute während und
nach der Finsternis noch erheblich ab, so daß die Fahnen gelegentlich senkrecht herabhingen,
doch konnte festgestellt werden, daß wenige Sekunden nach der Totalität der Wind sich er
heblich nach Osten gedreht hatte, so daß die Fahnen zeitweise mit rein östlicher Strömung
auswehten. Am Barographen wurde keinerlei Veränderung des Luftdruckes festgestellt, die
Kurve verläuft absolut geradlinig, und das Barometer zeigte nach der Finsternis genau den
Stand wie vorher. Sehr auffallend dagegen war der Einfluß der Finsternis auf die Temperatur.
Zur Beobachtung derselben wurde ein äußerst feiner Thermograph, wie vorhin geschildert,
benutzt, der auf der Windseite des Observatoriums etwa 1 y 2 m über dem Erdboden aufgestellt
war. Der tiefste Stand des Thermometers wurde erreicht um 1 Uhr 16 Min. (Abb. 10). Um
12 Uhr 30 Min. herrschte eine Temperatur von 9,8°, der tiefste Stand, der erreicht wurde,
betrug 8,25°, doch wurde subjektiv von den Zuschauern der Temperatursturz viel krasser
empfunden, da die Strahlung naturgemäß in viel erheblicherem Grade sank, als die Luft
temperatur abnahm. Die Verzögerung der tiefsten Temperatur gegen die Totalität betrug etwa
10 m, wovon natürlich ein Teil auf die Trägheit des Thermographen gerechnet werden muß.
9 Nach mündlicher Mitteilung auch von dem schwedischen Physiker Psilander in Mosjöen ganz ähnlich
beobachtet.
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