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Die Beobachtungsapparate.
sphärischen Fehler wieder illusorisch. Das photographische Objektiv zeigt eben seine Vorzüge
erst, wenn es sich um nicht allzu große Öffnungsverhältnisse, höchstens bis 1 : 5, und um die
Abbildung ausgedehnter Gesichtsfelder handelt.
Während die Vor- und Nachteile der rein katoptrischen und dioptrischen Systeme
zur Genüge bekannt und ausprobiert sind, sind optische Systeme, die sowohl spiegelnde, wie
brechende Flächen gleichzeitig enthalten, bisher noch wenig untersucht, obwohl gerade hier
noch manche Fortschritte möglich zu sein scheinen.
Die erste zielbewußte Kombination dieser Art rührt wohl von dem französischen Oberst
Mangin her, der auf diese Weise im Jahre 1876, also zu einer Zeit, als man noch keine gläsernen
parabolischen Scheinwerferspiegel zu schleifen verstand, die sphärische Aberration der Kugel
spiegel zu vermindern beabsichtigte. Ein solcher Spiegel hat äußerlich die Gestalt einer konvex
konkaven Negativlinse, deren konvexe Seite versilbert ist; die spiegelnde Oberfläche liegt
also dem Glase an und ist so vor atmosphärischen Einflüssen geschützt.
Später zeigte E. v. Höegh 1 ), daß es durch Einfügen einer Kittfläche zwischen zwei ge
eignet gewählte Gläser möglich ist, einen solchen Spiegel nicht nur chromatisch, sondern auch
sphärisch in und außer der Achse zu korrigieren, also dieselben Bedingungen wie bei einem
Fernrohrobjektiv zu erfüllen. Dabei ergaben sich jedoch im Gegensatz zu diesem ganz auf
fällig geringe Zwischenfehler, so daß bei kleinen Brennweiten Öffnungsverhältnisse bis zu 1 : 1
angewandt werden konnten.
Nach diesen Resultaten erschien es mir der Mühe wert, zu versuchen, wieweit ein solches
System zur Astrophotographie verwendbar sei. Eine eingehende rechnerische Untersuchung
zeigte, daß bei einem solchen ,,aplanatischen Linsenspiegel“, wie man ihn besser be
nennt, für beide Glasfolgen auch der astigmatische Korrektionszustand ein recht günstiger ist,
wenn auch, wie bei dickenlosen Systemen überhaupt, eine eigentliche Hebung des Astigmatismus
nicht möglich ist. Jedoch liegen die beiden astigmatischen Bildflächen symmetrisch zur Ein
stellebene mit Krümmungsradien gleich der Brennweite; die außeraxialen Bildpunkte werden
also von einer gewissen Grenze ab zwar unscharf, bleiben aber rund.
Schließlich bewirkt das Vorhandensein der spiegelnden Fläche, die wohl eine sammelnde
Wirkung ausübt, ohne aber Farbenzerstreuung einzuführen, eine starke Verminderung des
sekundären Spektrums.
Die obige verkittete Form des aplanatischen Linsenspiegels wäre nun aber für astro
nomische Zwecke noch nicht geeignet, einmal wegen der Veränderungen, die jede noch so sorg
fältige Kittung bei großen Dimensionen hervorruft, selbst wenn man kein wirkliches Binde
mittel, sondern nur nichtverharzende Kontaktflüssigkeiten nehmen wollte; dann aber auch,
weil man, um vollkommene Aplanasie zu erzielen, bezüglich der Glaswahl jedesmal an ganz
bestimmte Paare gebunden ist, während die Glasschmelzkunst bis jetzt nur wenige Typen in
so großen Scheiben genügend homogen und spannungsfrei zu liefern vermag.
Diesen Übelständen entgeht man und gewinnt noch neue Vorteile hinzu, wenn man einen
aplanatischen Linsenspiegel aus zwei getrennten Linsen konstruiert. Da aber die optischen
x ) D. R.-P. Nr. 82671 der Optischen Anstalt Goerz, 1895: Aplanatischer Hohlspiegel. — Die später
von L. Schnpmann (Die Medialfernrohre, Leipzig 1899) angegebene Kombination brechender und spiegelnder
Flächen verfolgt einen anderen Zweck und kommt hier nicht in Frage.