248 Parallaxe.
Pñlñüñ^L; Parallaxis ; Parallaxe.
Im allgemeinsten Sinne heißt „Parallaxe"
der Unterschied oder Abstand zweier op
tischen Orte (vergl. Ort, optischer,
wo dieser Bezug zur Parallaxe deßwegen
so sorgfältig hervorgehoben ist) eines Ge
genstandes , welcher aus zwei verschiede
nen Ständen betrachtet wird, oder der
Winkel, den die Gesichtslinien aus zwei
mehr oder weniger von einander abste
henden* Puncten nach einem dritten,
außerhalb der Verbindungslinie befindli
chen Puncte an diesem letzteren ein
schließen.
In Figur 1 der Tafel X sind A , B
zwei, um die Verbindungs- (Stand-) Li
nie AB von einander abstehende (Beob-
achtnngs-) Puncte, aus welchen die Ge
sichtslinien A C, BC, nach dem dritten,
außerhalb dieser Linie (Richtung) belcgc-
nen Puncte 6, an demselben den („pa
rallaktischen") Winkel ACB, die „Pa-
rallare" dieses Punctes (für — vergl.
das gleich Folgende — den gegenseitigen
Abstand A B der Puncte A , B, und die
(senkrechte) Entfernung des Punctes 6 von
AB) einschließen. Das griechische Wort
bedeutet Veränderung,
Verrücken oder „Verschieben;" die
Stelle z. B. des Gestirns 6 in jener
Figur „verschiebt" sich (vergl. wieder
Ort, optischer), während manden
Standpunct von A nach B verlegt, an
der scheinbaren Himmels-Hohlkugel, an
welche wir alle Gestirne aus dem Raume
versetzen, um den (die „Parallaxe"),
den parallaktischen Winkel ACB
* Dieser mehrere oder mindere gegenseitige
Abstand der beiden Puncte (Stand- »der
BeöbachtungS - Puncte), aus welchen der
dritte betrachtet wird, fuhrt in der Astro
nomie auf den Unterschied der tägli
chen und jährlichen Parallaxe
welche» ich sogleich hervorheben muß
Bei de» erstere» bezieht man sich für die
sen Abstand auf den Halbmesser der
Erdkugel, bei der letzteren auf den
Halbmesser der Erdbahn; der er
stere eignet sich zu täglichen, der letz
tere z» j ä h r l i ch e n Beobachtungen, da
her die Benennung. Im gegenwär
tigen Art. ist (vergl. unten) besonders
nur von der ersteren, im folgenden
von der letzteren die Rede.
¡(= bCa) messenden Himmelsbogen bs.
— Dieß ist, wie gesagt, der allgemeine
optische Begriff von „Parallaxe."
In der Astronomie findet dieser all
gemeine Begriff nunmehr folgende spe
cielle Anwendung. Ein Gestirn kann
zunächst aus allen unzählbaren verschie
denen Puncten der Erdoberfläche*
betrachtet (beobachtet) werden, und er
scheint dabei nach der voran geltend ge
machten doppelten Maßgabe seiner eige
nen Entfernung von der Erde und des
gegenseitigen Abstandes dieserBcob-
achtungspuncte aus der Erde natürlich
an eben so verschiedenen Stellen des Him
melsgewölbes , so daß danach also, im
obigen allgemeinen Sinne, für jede
zwei solche Beobachter ein Unterschied der
optischen Orte, d. h. der Parallaxe,
»statt fände. Der Astronom aber denkt
sich den einen Beobachter im Mittel
puncte derErdkuge I,** als den näm
lichen Punct für alle Erdbewohner, be
zeichnet denjenigen Ort, wo ein solcher
Beobachter das Gestirn am Himmel er
blicken würde (den — vergl. d. Anmerk.
— Rechnungs - gemäßen) als den
wahren Ort, welchem er jenen, von
dem einen oder dem andern Puncte der
Erdoberfläche aus wirklich gesehe
nen, als den scheinbaren (den erschei
nenden, Beobachtungs-gemäßen) Ort
(den ,.Iieu nppsrent") entgegensetzt, und
nennt den Unterschied zwischen diesen bei-
* Dieß ist demnach, vergl. bie voraufge-
hende Anmerk., die „tägliche Paral
laxe"; vvn der „jährlichen," bei wel
cher, wie gesagt, nicht die verschiedenen
Puncte der Erdkugel, svudern vielmehr
der Erdbahn in Betracht kommen, han
delt also der folgende Artikel.
** Bei aller Gestirn - OrtSberechuung wird
(vergl. Geocentrisch, S. 599 und
unten) von der räumlichen Ausdeh
nung dieser Gestirne (namentlich also auch
der Erde) vorerst noch abgesehen; man
denkt sich diese Gestirne in ihrem M i t-
telpuncte concentrirt. und muß also
nachher, wenn eS sich um Bestimmung
für einen Erd-O b e rfl ä ch e »-Punct han
delt, den optischen Einfluß der Ortöver-
schiedenheit zwischen diesem und dem Erd-
Mittclpuncte cdie „Parallaxe") in
Betracht ziehen.