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Parallaxe.
S. 146.) respectiven Entfernungen von
58,8 und 63,6 Erdhalbmessern entspre
chen. — So viel, unter dem hier aus
gestellten historischen Gesichtspuncte,
von der Parallaxe des Mondes.
Da die Astronomen aber schon bei Be
stimmung dieses Elementes für den uns
nächsten Weltkvrper, und für welchen das
selbe also im nämlichen Verhältnisse be
deutend ausfällt, so große Schwierigkei
ten gefunden haben, so kann man sich
leicht denken, wie viel mehr Bemühung
noch die Ermittlung der, bei der weiten
Entfernung natürlich auch äußerst klei
nen Parallaxe* der Sonne gekostet
haben muß. Die Meinungen der Alten
über die Entfernung dieses Gestirns von
der Erde finden fich beim P l u t a r ch
(,.ve placitis Phil.“ III. 31.) und beim
Plinius („Hist. nat.“ II. 21.). Man
ersieht daraus, daß Pythagoras den
Abstand der Sonne von der Erde nur
etwann dreimal so groß, als den des
Mondes von der letzteren (zu 150000,
statt der 20000000 Meilen, welche w i r
dafür finden) annahm; und in ähnlicher
Art sind die Meinungen der späteren
Griechischen Astronomen über diesen de-
licaten Punct bis auf Aristarch von
Samos (um 260 vor Christus) höchst
irrthümlich, welcher bewies, daß die Pa
rallaxe der Sonne nicht über 3 Minu
ten und die Entfernung von der Erde
daher unmöglich weniger als 1150 Halb
messer der Erde (wir finden bekanntlich
t 20000000
8,5 Secunden und —-g ^— — etwann
24000 bis 25000 Erdhalbmesser) betra
gen könne. Das zu dieser Ermittlung
von Ihm angewendete scharfsinnige Ver
fahren habe ich im Art. Mond, S. 146.
beschrieben; dasselbe beruhet, wie wir
dort gesehen haben, auf der Einsicht, oaß
der noch bei Bestimmung der Parallaxe
und Entfernung des Mondes angewen
dete und dazu hinreichend befundene
Erdhalbmesser doch in Bezug auf
die Sonnen-Entfernung ein zu
* Wenn der Ausdruck ohne Zusah gebraucht
wird, so ist immer die Hvrizvntal-
Parallaxe zu verstehen: nur sie ist, i»>
Vergleiche zu der sich mit jeder Höhe
ändernden Höhe »-Parallaxe, etwas Fixes.
kleines Maß sey, weßhalb Aristarch dem
selben , in der 1. c. nachgewiesenen Art,
jene als bekannt vorausgesetzte, so viel
größere Entfernung* des Mondes von
der Erde (in Erdhalbmeffern ausgedrückt)
substituirt. Ptolemäus setzte nachher
diese Angabe des Aristarchus für die Pa
rallaxe der Sonne auf 2 '/2 Minuten und
die Entfernung danach auf 1140 Erd
halbmesser herab; und ich finde, daß selbst
noch Tycho dieser Bestimmung nachgab.
Erst Kepler schloß aus der von ihm
erlangten Ueberzeugung gänzlicher Unbe
merkbarkeit einer Parallaxe des Mars,"*
selbst in der größten Erdnähe, daß eine
solche für die so viel entferntere Sonne
gar nicht oder doch kaum wahrzunehmen
seyn könne; in seinem viel angeführten,
großen Werke: „De Stella Martis.“
S. 71, erklärt er sich mit seinem gewöhn
lichen Scharfsinne sehr einsichtsvoll dar
über, und später verkleinert Er die Son
nen « Parallaxe bis auf 1 Minute, als
etwann den dritten Theil dessen, was
wir eben mit Tycho dafür gefunden ha
ben. Einige Jahre nach Kepler's Tode
(um 1640; Kepler starb 1631) wandte
Wendelinus*** das oben erwähnte
Verfahren ves Aristarch zur Ermittlung
der Sonnen-Parallaxe an, und setzte die
selbe wiederum bedeutend kleiner, nämlich
aus 15 Secunden fest, ein Resultat, wel-
* Gleich wie wir, bevorwvrtetermaßen, in
dem folgenden Art. »Parallaxe," jähr
liche, dos noch größere Maß des Halb
messers der ganzen Erdbahn an
zuwenden gezwungen seyn werden.
** Wir haben eine solche von einigen Se
cunden zwar schon oben gefunden, aber
durch ein Verfahren, von welchem Kep
ler noch kerne Ahnung hatte, oder wel
ches auch mit damaligen Instrumenten
gar kein Resultat geliefert haben würde.
*** Wendeiinns (Gvdefrvi), über welchen
man nicht leicht bivgr. Notizen findet,
lebte um die Mitte deS 17ten Jahrhun-
derrS, und war Kanonikus zu Condé in
Flandern. Der Jesuit Riccioli (vergl.
d. A. Erde, S. 343.) zeichnet ihn, ob
wohl er selbst abweichende Ansichten hegte,
im „^Ima^estum novura.“ I. 109. be
sonders wegen seiner oben erwähnten Be
mühungen um die Ermittlung der Son
ne» - Parallaxe, aus.