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Parallaxe,
jährliche.
Um also jene Fiction einer gemeinschaft
lichen Ebene für sämmtliche Planeten her
zustellen, und den Winkel der jähr
lichen Parallaxe des zum Beispiele
gewählten Planeten lVl mit Abstraction
von der Breite, gewohntermaßen, aus
die Ekliptik beziehen zu können, po-
stulirt der irdische Astronom ein Loth
MN vom Puncte, den der Planet eben
in seiner Bahn einnimmt, auf die
(eventuell erweiterte) Ebene der Eklip
tik, eine Operation, welcher er den Na
men der Redaction auf dieEklip-
tik (vergl. d. A.) beilegt, betrachtet die
sen „reducirten Ort" N (statt M) als
Planetenort, und nennt den Winkel
S N T, den die Gesichtslinien 8 N und
TN nun dort einschließen (statt SMT)
die (jährliche oder) Parallaxe der
Erdbahn für diese Stelle des Plane
ten M. Erst hiernächst also treffen diese
Visionsradien SN, TN, verlängert über
N hinaus, am Himmel die Puncte m
und der Ekliptik, und bezeichnen
also dort, ersterer die heliocentrische,
letzterer die geocentrische Länge des
Planeten (in der Ekliptik), wodurch un
sere obige, dem astronomischen Ge
brauche gemäße, näher bestimmte De
finition :
„die (jedesmalige) jährliche
Parallaxe einesGestirns (na
mentlich eines Planeten) ist
der (entsprechende jedesma
lige) Unterschied seiner helio
centrischen u n d g e o c e n t r i s ch e n
Länge^
gcrechtsertiget wird.
Dieser Unterschied zwischen der helio
centrischen und geocentrischen Länge, diese
der nu» oben bezeichueten.»R e d n e t i v n
auf die Ekliptik," darf der W i n-
kel der jährlichen Parallaxe
auch in der Ebene der Ekliptik selbst an-
genvmnie» werden.
* „La pur ullaxe annudle (Prostaphae-
resis orbis), est la diflerence des
longitudes heliocentri'ques et geocen-
triques : c’est le premier phénoméne
que produit notre ¿loignement du So
led et du centre des mouvemens plu-
nétaires.“ Lalaude: „Astronomie.“
§. 1141. Die Vergleichung des letzteren
Satzes kaun unten nützlich werden.
jährliche Parallaxe der Planeten, rührt
aber natürlich daher, daß letztere Ge
stirne nicht so unermeßlich weit uns ent
fernt sind, daß man den Halbmesser der
Erdbahn gegen ihre Entfernung als ver
schwindend (als ganz unmerklich) betrach
ten könnte. Wäre dieß der Fall, so wür
den die Gesichtslinien aus der Sonne
und der Erde nach einem Planeten (M),
und zwar sowohl nach seinem wirkli
chen (seinem Bahn-) als seinem redu
cirten Orte, statt daselbst einen Win
kel (SMT oder 8NT) einzuschließen,
vielmehr als zusammenfallend, oder, da
der Planet dann überall einer jeden die
ser beiden Gesichtslinien in gleicher Art
entspräche, als parallel* erscheinen;
die heliocentrische und geocentri
sche Länge des Planeten würde sich
dann für jede Stelleseiner Bahn (nicht
bloß in den deßwegen oben erwähnten
Conjunctionen oder Oppositionen, son
dern auch in den weitesten Abständen der
Quadraturen) gleich groß zeigen. Die
Bemerkbarkeit eines solchen Winkels (8NT)
jährlich er Parallaxe dagegen läßt
offenbar auf die Meßbarkeit der Entfer
nung des Planeten durch den Halbmesser
der Erdbahn schließen, und ich will jetzt
zeigen, wie es die älteren Astronomen,
z. B. Copernikus, vor Entdeckung
der dritten Kepler'schen Regel (vgl.
d. A.) angefangen haben, um vermittelst
dieser jährlichenParallaxedie Ent
fernungen der Planeten von der Sonne
in solchen Halbmessern der Erdbahn ab
zuleiten.
Copernikus („De revolutionibus.“
1. V. c. 9.) beobachtete am 25. Febr
1514 um 5 Uhr Morgens die geocen
trische Länge des Saturn — 209".
Wäre dieser Planet unermeßlich weit von
der Erde, so hätte seine heliocentri
sche Länge zur selbigen Zeit also eben
so groß seyn müssen; sie ergab sich aber
* Gleichwie uns, um das bekannteste Bei
spiel zu wählen, wenn wir einen dazu
hinreichend entfernten Thurm zur Seite
haben, und nu» in dieser Richtung im
mer etwas fortgehen, alle Gesichtslinien
nach dem Thurme unter einander paral
lel erscheinen, eben weil das Maß un
seres Fortgehens gegen die Entfernung
deS Thurmes unmerklich ist.