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Pendel.
verstand der Luft wirkt begreifllich in
dem Maße stärker, in welchem die be
schriebenen Bogen größer und die Ge
wichte im Vergleiche zu ihren Flächen
kleiner sind (vergl. das oben über die
„Linsenform" Gesagte), und also kann
ein Pendel (wie ich deßhalb auch schon
oben so sorgfältig hervorgehoben habe)
von mehreren! Gewichte in d e r L ü st
schneller schwingen, als ein gleich langes
leichteres , obgleich d a s G e w i ch i
es. ebenfalls vorn) auf die Schwung-
bewegung an sich keinerlei Ein
fluß hat.
Hauptsächlich aber wirken ans den
Gang der Pendel die Abwechslungen
der Temperatur ein: denn die Wär
me dehnt unansnamentlich alle Körper
ans, die Kälte zieht ste zusammen; und
also muß auch die Pendelstange bei der
ersteren länger, bel der letzteren kür
zer werden. Aus diesem Grunde geht
das Pendel im Sommer langsamer, im
Winter schneller, und der Unterschied steigt
(wie ich wohl kaum hinzuzufügen brau
che, in ungeheizten Räumen, z. B,
in den astronomischen Observatorien) für
gewöhnliche Pendeluhren durchschnitt
lich auf 30 Secunden täglich.
Auf Beseitigung dieser, zumal bei ge
nauerer astronomischer Anwendung
so äußerst bedenklichen Jnconvcnienz sann
daher schon zu Anfange des vorigen Fahr-
bunderts der uns aus dem Art. Co in
ven sät ion, in welchem der vorliegende
Gegenstand überhaupt ausführlicher be
handelt wird, und welchen ich demnach
zu vergleichen bitten muß, bekannte Eng
lische Uhrmacher Graham. Er fiel,
wie ich zur Vervollständigung jenes Ar
tikels hier nachträglich anführe, anfäng
lich darauf, die Pendelstangen von Eben
holz oder Nußbaum zu nehmen, weil zu
mal solches Holz nach der Länge der Fa
sern nicht merklich ausgedehnt wird (die
Leser finden dergleichen Pendelstangen
deßhalb noch oft in den sogenannten Pro-
biruhrcn der Uhrmacher, und die Erfah
rung muß also doch für die Anwendbar
keit sprechen); allein das Holz ist dage
gen wieder dem Fehler ausgesetzt, daß es
sich durch den andern Wechsel der Feuch
tigkeit und Trockenheit wirft (krümmt);
und so sah sich denn Graham zuletzt
auf das in der Ueberschrift genannte
„r ostförmi ge" Pendel geführt, von wel
chem die Figur 1. der Tafel 111. des er
sten Bandes unseres Werkes und die Be
schreibung eben im citirten Art. C o m-
pensation, S. 197, den deutlichsten
Begriff gewährt, und dessen Princip iw
nur zur plangemäßen kürzeren Ucdcrficht
nochmals in die Worte zusammendränge,
daß sich dabei die Verlängerung der me
tallenen Pendelstange in Einem
Sinne durch die Ausdehnung des sie tra
genden Rahmes von einem andern Me
tall im entgegengesetzten Sinne
>,c o m p c n s i r t" findet (daher der Name)/'
Gegenwärtig wendet man, zumal für
astronomische Pendeluhren, noch lie
ber und häufiger die „Quecksilber-E om-
p e nsati on" (S. 198.) an, indem man,
statt der gewöhnlichen Linse, ein mit
Quecksilber gefülltes Gefäß nimmt, in
welchem letzteren das erstere bei Tempe-
raturwcchseln eben so steigt und fällt,
als sich die Pendelstange dagegen verlän
gert oder verkürzt, demgemäß der M i t-
celpunct des Schwunges in einem
unveränderten Abstande vom Aufhän
gungspuncte erhalten wird.
Mehr werde ich, indem ich nur die
Vergleichung des citirten eigenen Arti
kels, welcher den gegenwärtigen Vortrag
ergänzt, nochmals empfehle, über „Com-
pcnsation" hier nicht beibringen dürfen,
und gehe also schließlich zu der auch noch
verheißenen
4) Betrachtung einiger neueren
Verfeinerungen der Pendel-
Anwendung
über, deren Theorie man nach den deß
halb vorausgeschickten Sätzen, bevorwor-
tetermaßen, nun leichter auffassen wird.
Dahin gehört aber ganz besonders das
mit Verweisung hierher schon oben er
wähnte, zuerst von dem Englischen ScbiffS-
Capitaiu Kater zu den feinsten Mef-
* An manchen kleineren Pendeluhren ge
wahrt man kurz über der Linte eine Art
von Nachahmung jener G r a h a ni'jch e »
Einrichtung, sie ist aber meistens «ur
Zierrath; und ich erwähne ihrer hier
blaß, um gleich einem Zweifel der Leser
wegen deS Grundes oder Ursprunges die
ser Hinzufügn»«; zu begegnen.