Full text: L-Z (2. Band)

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Sonne. 
Denken wir uns zuerst einmal die Erde 
der Sonne unbeweglich gegenüber, 
so wird uns ein Fleck, welchen wir heute 
z. B. gerade auf der Mitte der letztem 
wahrgenommen haben, nach einer vollen 
wahren Umwälzung der Sonnenkugel um 
ihre Are genau wieder eben da erschei 
nen; dieß leuchtet von selbst ein. Ist 
aber die Erde indeß in der nämlichen 
Richtung auch vorwärts gegangen, so muß 
sich der Fleck mit der Sonnenkugel noch 
um eben so viel weiter drehen, ehe er, 
von der Erde aus gesehen, wieder auf 
der Mitte der Sonne erscheinen kann. 
Dieß leuchtet bei einigem näheren Nach 
denken auch wohl bald ein. Der Fleck 
hat demnach bis zu seiner Wiedcrerschei-! 
nung an derselben Stelle (d. h. in den 
angegebenen 27'/2 Tagen) nicht nur eine 
volle Umwälzung (volle 360 Grade), 
sondern auch so viel Weg (Grade) dar 
über gemacht, als die Erde in 27 Tagen 
(bei der runden Zahl stehen zu bleiben) 
in ihrer Bahn zurücklegt. Letzteres be 
trägt etwa 27 Grade. Also macht der 
Sonnenfleck oder vielmehr die mit ihm 
um ihre Are rotirende Sonnenkugel bei 
dieser Umwälzung, in 27 Tagen (360 + 
27 —) 387 Grade, woraus man durch 
bloße Regel de tri findet, daß sic zu 360 
Graden, d. h. zu einer wahren vollen 
Umwälzung beiläufig 25 Tage und einige 
Stunden braucht, * was mit andern ge 
naueren Beobachtungs- und Berechnungs- 
Methoden gut genug harmonirt. Nun 
ist die Sonnenkugel an Umfang (im Ae- 
quator) ziemlich hundertmal größer als 
die Erdkugel : ein Punct ihres Aequators 
macht also bei jener Rotation in 25 Ta 
gen einen hundertmal größeren Weg als 
ein Punct des irdischen Aequators in Ei 
nem Tage, d. h. die Rotationögeschwin- 
digkeit aus dem Sonnen - Aequator ist 
<'"0/25 — ) viermal größer als auf dem 
irdischen; wir werden auch dieß gleich 
brauchen, und ich konnte den Lesern das 
rechnende Detail nicht wohl ersparen. — 
Auch Schwabe nämlich bestätigt durch 
seine Beobachtungen die schon früher ge- 
* Sehr genaue neuere Bestimmungen geben 
(vergl. hinten) die Dauer dieser Sonnen- 
umwalznng (diesen Tag der Sonne' —25 
unserer Tage 9 Stunden 59 Minuten 18 
Secunden. 
: machte Bemerkung, daß die Sonncnflkcke 
allermeistens nur in einer Zone vorkom- 
; men, welche sich 20 Grad nördlich und 
eben so viel südlich vom Sonnenäquator 
erstreckt, und wo also jene Gewalt der 
rotatorischen Schwungbewegung vor 
herrscht. Es ist aber nach dem, was wir 
über die Entstehung der Sonnenflecke durch 
sich trennendes Lichtgewölk beigebracht ha 
ben, wohl sehr natürlich, der Schwung 
gewalt einen Einfluß darauf zuzuschrei 
ben ; und der Zusammenhang zwischen 
Ursache und Wirkung offenbart sich also 
auch hier auf die augenscheinlichste Weise. 
Die größte Beständigkeit, bemerkt 
Schwabe in dieser Beziehung noch wei- 
i ter, habe er meistens bei regelmäßig be 
hosten, fast kreisrunden, nicht eingerissc« 
nen Kernflecken von mittlerer Größe ge 
funden , wogegen sich Flecke von kleine 
ren oder auch sehr großen Dimensionen 
mit vielen Einrissen und mehreren Kernen 
am veränderlichsten zeigten. — Diejeni 
gen Leser, die dem Vortrage mit einigem 
schärferen Nachdenken gefolgt sind, wer 
den dieß Alles den Prämissen vollkommen 
angemessen finden. 
„Zeigt die Sonne," fährt unser Astro 
nom sodann fort, „eben eine größere 
Thätigkeit in Erzeugung dunkler Fle 
cke , so bringt sie auch die meisten h c l- 
le n Flecke (Fackeln) oder Lichtwolken her 
vor," welchen Umstand man den gegebe 
nen Erklärungen nicht weniger angemes 
sen finden wird, da die an einer Stelle 
weggerissene Lichtmaterie sich an einer 
andern natürlich zusammenhäufen muß. 
„Diese Zusainmenhäufungen von Lichtma 
terie sind eben so veränderlich wie die 
Flecke selbst; sie bilden geballtes Lichtge 
wölk, Fackeln, oder sie dehnen sich linien 
förmig , ästig (aderförmiges Lichtgewölk) 
über einen größern Theil der Sonnen- 
Oberfläche aus. Dieses Lichtgewölk stimmt 
mit den dunkeln Flecken darin überein, 
daß es sich nicht mehr genau im Rande 
der Sonne, sondern am augenfälligsten 
in einiger (geringer) Entfernung davon 
(etwas näher nach der Mitte der Son 
nenscheibe hin, aber nicht auf dieser Mitte 
selbst) zeigt, wo es oft einen prachtvoll 
len Anblick gewährt." Schwabe empfiehlt 
zur eigenen Anstellung der schon jener 
Pracht des Anblickes wegen sehr lohnen 
den Beobachtung solchen geballten Licht-
	        
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